annemarie |
Freitag, 28. Juni 2013
so, da sind wir also.
ach annemarie, 13:32h
meine freundin in schwerin hat ein jobangebot.
über das dortige amt; gesucht wurde für parchim. sie ruft an, obwohl krankgeschrieben hat sie - nach monaten ohne jegliches angebot - großes interesse endlich wieder zu arbeiten. sie ist hart4-empfängerin und hatte große mühen zum arbeitgeber zu gelangen, solch fahrgeld ist nicht im existenzminimum enthalten. erfährt daß sich die arbeit auf 3 orte verteilen würde, nämlich parchim, lüchow und dannenberg; zwei orte in niedersachsen. einer davon mit einer fahrzeit von über 4 stunden verbunden. einer ist überhaupt nicht mit irgendeinem verkehrsmittel zu erreichen. sie ist aber an parchim interessiert und steigt in die verhandlungen darüber ein. sagt klar, was geht und was nicht. sie solle doch einfach (!) umziehen, wurde ihr immer wieder gesagt. ist ja nur ab und zu, wenn urlaubszeit ist oder jemand krank wird. der stundenlohn wird ihr genannt, brutto 7,01€ für 3 tage die woche und ein wenig an fahrtkosten. den rest könne sie ja über das amt aufstocken lassen, damit sie auf ihren hartz4-satz kommt. sie verhandelt mit dem juniorchef, denn bisher hat das geschäft keine weiteren ausgebildeten akustiker, (nur die beiden chefs), sondern nur angelernte teilzeitkräfte. und ihr wird andauernd gesagt, daß die anderen damit auch zufrieden seien - junior sichert ihr 9€ zu und nach der probezeit 9,50€. per fax kommt der vertrag zum angucken und sie fällt fast in ohnmacht. alle drei orte stehen dort als feste arbeitstellen - lohn bleibt bei 7,01€ - verbot eines nebenjobs - ärztliche untersuchung auf eignung muß jederzeit unternommen werden - sollte sie kündigen, muß eine strafe gezahlt werden - sollte sie durch eigenes verschulden (??) erkranken wird kein lohn ausgezahlt - urlaub 14 tage - - keine weiter-fortbildung (ist in unserem beruf unerläßlich und wird von den firmen angeboten) - kein lohnerhöhung in aussicht - dafür aber: sobald sie das 60te lebensjahr erreicht ist sie gekündigt. zitat seniorchef (weit über 60): wir wollen doch den jungen platz machen und unsere firmenphilosophie ist ein junges frisches team zu präsentieren. wenn sie diesen vertrag nicht so unterschreiben würde, dann wird das dem amt leider gemeldet werden müssen.... (das gibt dann die sanktionen, die bekannten) sie kann also bis 60 unter dem existenzminimum arbeiten um dann wieder zum amt zu gehen. weil, rente ist da nicht drin und sonst auch nix. nebenjob? darf sie nicht, aber ohne kann sie sich nicht mal die fahrkosten leisten. ich weiß nicht mehr, wie ich sie trösten kann. mir fällt kein guter ratschlag mehr ein - ausser dem, abzusagen. dann aber kommt der ärger mit dem amt. sauer, wütend und - das macht mir auch angst. nicht nur um sie. ... comment
arboretum,
Freitag, 28. Juni 2013, 13:39
Bei diesem Arbeitsvertrag dürften einige der Klauseln unwirksam sein.
Vielleicht wäre es daher gut, in die Offensive zu gehen und das selbst dem Amt zu melden. ... link
arboretum,
Freitag, 28. Juni 2013, 13:59
Zum Thema Urlaub: Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt laut § 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) jährlich 24 Tage bei einer 6-Tage-Woche. Umgerechnet ergebe das für Ihre Freundin:
24 : 6 x 3 = 12 Tage. Da sie nur eine 3-Tage-Woche hätte, müsste sie auch nur 3 Tage Urlaub nehmen, um eine Woche frei zu haben. Da sie die Stelle mitten im Jahr antreten würde, würde sich der jährliche Urlaubsanspruch für das Jahr 2013 entsprechend reduzieren. ... link
arboretum,
Freitag, 28. Juni 2013, 14:10
Zum Thema Nebentätigkeit: Die darf der Arbeitgeber nicht einfach so verbieten, siehe dazu auch diesen Artikel aus der "Zeit".
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arboretum,
Freitag, 28. Juni 2013, 14:19
Für die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim Erreichen des 60. Lebensjahres bedarf es eines sachlichen Grundes. Sonst dürfte diese Klausel mit dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) kollidieren und damit unwirksam sein. Und den sachlichen Grund, den der Arbeitgeber angeben müsste, müsste man sich genau wie die Formulierung der Klausel genauer anschauen, ob das wirksam ist.
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arboretum,
Freitag, 28. Juni 2013, 14:27
Und was die Kündigung eines Arbeitsvertrags seitens des Arbeitnehmers angeht, so gibt es auch dafür gesetzliche Regelungen: § 626 BGB regelt die Kündigungsfristen. Eine allgemein formulierte Konventionalstrafe darf ein Arbeitgeber nicht willkürlich in den Arbeitsvertrag aufnehmen, er muss dafür schon ein "berechtigtes wirtschaftliches Interesse" vorweisen. Und so lange sich der Arbeitgeber an die Kündigungsfristen hält, zieht das eh nicht. Siehe dazu auch diesen Artikel.
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carodame,
Freitag, 28. Juni 2013, 14:28
Ich würde mit diesem Vertragsvorschlag zum Amt gehen. Zuvor könnte man dem potentiellen Arbeitgeber freundlich und bestimmt auf die Mängel des Vertrages hinweisen und dass ihm damit gerade eine ausgebildete Fachkraft verloren gehen würde, ob das denn wirklich sein Ziel sei, usw. Derartige Einschüchterungsversuche darf man getrost abprallen lassen. Nur Mut!
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kelef,
Freitag, 28. Juni 2013, 14:53
ja, kosten zusammenschreiben und gegenüberstellen, und dann mit dem vertragsvorschlag zum amt. in österreich berät in solchen fällen die arbeiterkammer (und mischt sich dann auch entsprechend ein), ich nehme an, bei ihnen gibt es sowas auch.
manche zeitungen haben auch ombudsmänner, übrigens ... alles natürlich immer unter dem titel "können sie mir bitte erklären wie ich das verstehen soll, weil ..." nur mut! ... link ... comment
ach annemarie,
Freitag, 28. Juni 2013, 15:46
der letzte paragraph in diesem üblen machwerk:
sollten ein oder mehrere klauseln unwirksam sein, betrifft das nicht die wirksamkeit der verbleibenden. aha. und das amt tut da GARNICHTS, das amt sagt "arbeit ist arbeit und sie sind unter androhung von sanktionen - d.h bei nichtunterschreiben werden alle bezüge für 3 monate gestrichen - auch die krankenversicherung! - dazu verpflichtet" das einzige argument, was ich ihr mitgeben kann, ist, daß eine der arbeitsstellen nicht erreichbar ist (mit öffentlichen) und sie sich kein auto aus den rippen schneiden kann und, letztes, der weg auch mit dem auto morgends 2 h und im berufsverkehr über 3 h stunden dauert. danke sehr für die anderen hinweise! aber sie stößt mit jedem argument auf schweigen, seitens der chefs und hat furchtbare sorgen, daß diese sie beim amt melden werden... ... link
ach annemarie,
Freitag, 28. Juni 2013, 15:51
mir persönlich hat vor allem die 60-jahre-grenze weh getan.
was für eine menschenverachtende einstellung. und der rest? die herren haben 3 gutgehende fachgeschäfte und in unserem gewerbe verdient man ziemlich viel..... das ist mehr als beschämend, solch ein verhalten. ... link
arboretum,
Freitag, 28. Juni 2013, 16:02
Hat der Sachbearbeiter vom Amt das in diesem konkreten Fall tatsächlich schon gesagt? Dann soll sie sich an dessen Vorgesetzten wenden. Schließlich beruht das Geschäftsmodell des potenziellen Arbeitgebers darauf, dass das Gehalt der Angestellten mit ALG II aufgestockt wird.
Ihre Freundin könnte auch mit dem Vertragsentwurf und eine Kopie ihres ALG II-Bescheids zum Amtsgericht gehen und sich dort beim Rechtspfleger einen Beratungsschein holen, damit sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen kann. Das gilt auch für den Fall, dass das Amt tatsächlich eine Sanktion verhängt. Dafür braucht sie dann einen Fachanwalt für Sozialrecht. Wichtig ist in beiden Fällen, dass es ein Fachanwalt ist. Und dass sie umgehend zum Amtsgericht geht - um einen Beratungsschein beim Rechtspfleger zu bekommen, muss man sich meistens erst noch einen Termin bei dem geben lassen. Und dann braucht man ja auch noch einen Termin beim Fachanwalt. Des Weiteren kann sie sich auch immer noch an ihre lokale Tageszeitung wenden. Das Sommerloch steht vor der Tür, die Seiten müssen aber dennoch gefüllt werden. Da kommt so eine Geschichte vielleicht gerade recht. ... link
kelef,
Freitag, 28. Juni 2013, 16:02
wenn aber der vertrag gegen ein geltendes gesetz verstösst, dann macht sich das amt selber strafbar wenn es zum unterzeichnen nötigt. ich mein ja nur.
jetzt heisst es, die paragraphen durchackern. frau arboretum hat da ja schon material geliefert. ... link
ach annemarie,
Freitag, 28. Juni 2013, 16:08
genau frau kelef!
danke frau arboretum, ich gebe alle information sofort an sie weiter. das problem ist, ich mache mir sorgen um sie, sie hat kaum noch kraft und ist auch von der nackten existenzangst wie gelähmt... ich rede mir schon den mund fusslig (das aber gerne) nur, sie hat auch wenig energie, weil sie wenig zum essen hat. ich weiß, wie sich das anhören muss, aber es ist so!! ich schick schon geld, stoße aber auch an meine grenzen. (und an ihre, es muß furchtbar demütigend sein...) ... link
arboretum,
Freitag, 28. Juni 2013, 16:19
Kann ich mir gut vorstellen. Sowas raubt auch Kraft, und wer Hunger hat und viele Sorgen, hat schnell weniger Energie. Stärken Sie ihr bitte den Rücken, dass sie sich trotzdem zu Wehr setzt. Die Tour, die das Amt wie auch dieser potenzielle Arbeitgeber, gerade mit ihr fahren, beruht auf Einschüchterung und Angstmache. Dem muss man entgegen treten, damit nicht alles noch schlimmer wird.
Vielleicht können Sie ihr helfen, einen Schritt nach dem anderen zu machen, zum Beispiel heute als erstes die Kosten zusammen zu rechnen und eine schön sauber Aufstellung fürs Amt zu machen. Morgen die nötigen Kopien machen und die Paragraphen usw. durchlesen. Am Wochenende einen Brief oder eine E-Mail an den Sachbearbeiter wegen des Vertrags formulieren und um einen Termin bitten (wenn sie ihm mailt, müsste sie ihm den Vertragsentwurf einscannen und auch die Kostenaufstellung anhängen). Am Montag gleich zum Gericht gehen wegen des Termins für den den Beratungsschein. ... link
arboretum,
Freitag, 28. Juni 2013, 16:22
P.S. Wer seinen Mitarbeitern einen solchen Vertrag unterjubeln will, ist höchstwahrscheinlich auch im Arbeitsalltag als Chef ein ziemliches Arschloch und macht einem das Leben zur Hölle.
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carodame,
Freitag, 28. Juni 2013, 20:47
Frau arboretum hat vortrefflich zugearbeitet. Nun heißt es die ersten Schritte gehen. Ja, das Bild vom Arschloch könnte helfen, einen hilfreichen Zorn zu beflügeln, der die nötige Energie freisetzt, sich zu behaupten. Alles Gute.
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ach annemarie,
Freitag, 28. Juni 2013, 21:58
dann hab ich nun zorn für zwei - meine freundin kann nicht mehr.
aber, auch wenn ich mich wiederhole, die blicke von aussen auf das alles und die daraus resultierenden hinweise und tips sind sehr hilfreich. einen großen dank dafür! ... link
arboretum,
Freitag, 28. Juni 2013, 22:53
Gern geschehen. Ich wünsche Ihrer Freundin alles Gute und viel Erfolg.
Nachtrag: Es gibt in Schwerin auch eine Hartz IV Beratungsstelle, dorthin könnte sie sich auch wenden. Siehe auch diese Infos vom Justizministerium MV, auf der Seite findet sich auch Link zu einem Faltblatt. Um sich dort beraten zu lassen, braucht Ihre Freundin keinen Termin, sie kann einfach hingehen. Und die beraten auch bei arbeitsrechtlichen Angelegenheiten. Sprechstunde ist laut Faltblatt dienstags. ... link
carodame,
Samstag, 29. Juni 2013, 00:11
Liebe annemarie, sind sie sicher, ist sich die Freundin sicher(bitte nachfragen), dass sie wirklich nicht mehr kann? Oder doch mehr kann,
als sie gerade zu glauben in der Lage ist? Ich habe in meinem langen Berufsalltag so etwa 40 Tausend Leben getroffen, in der gesamten Klaviatur des Seins und glauben Sie mir, hinter nahezu jedem `Nicht Mehr Können´ schlummert ein Wollen. Ganz sicher. Zwischen 9,50 Euro und 7,10 Euro zehn bleibt dennoch Energie hängen. Ich weiß... von außen kluggeschissen. Aber das liegt daran, dass ich gerade über eine kleine Rede anlässlich einer morgen stattfindenden Hochzeitsfeier einer jungen Freundin nachdenke. Sie hat aus den wirklich allerschlimmsten zahlreichen Schicksalsschlägen, die eine Frau überhaupt treffen können und noch immer treffen auf selbst für mich wundersame Weise immer wieder Energie gefunden, am Ende eines Tages frohe Gedanken zu haben. Ich weiss, fallen lassen ist bisweilen leichter als standhalten, obwohl es mehr weh tut. Also: Auf geht´s. Herzliche Grüße. ... link ... comment
wajakla,
Freitag, 28. Juni 2013, 16:56
Oh man, da fällt einem nichts mehr zu ein... Frau arboretum ist da wohl auf dem einzig richtigen Weg in solch einer Situation.
Drücke der Freundin ganz doll die Daumen! Und Ihnen als Freundin der Freundin viel Kraft zum Unterstützen. Glücklicherweise war mein Termin gestern komplett anders. Ich schreibe noch 'was dazu, wenn ich mal den Dreh dazu bekomme...^^ ... link
ach annemarie,
Freitag, 28. Juni 2013, 20:48
ja, das stimmt; ich habe alles weitergeleitet.
ich freue mich aber sehr, daß es bei ihnen anders (besser?) verlaufen ist! ... link ... comment
cassandra_mmviii,
Mittwoch, 3. Juli 2013, 09:47
WTF.
Ein Freund bekam eine ähnliche "Chance" angeboten. Dipl-Psychologe, sollte für 6,50 brutto 20 Stunden die Woche arbeiten. Keine Fahrtkostenerstattung, Nutzung des eigenen PKW vorrausgesetzt. Bereitschaft an 3,5 tTagen die Woche rund um die Uhr. Wenn ihm das Gehalt nicht reiche, könne er ja HartzIV beantragen, dann hätte er doch mehr Geld. Er konnte ablehnen ohne Angst vor Sanktionen. Da er arbeitsuchend gemeldet war, allerdings ohne Leistungen zu beziehen, sollte er zum Arbeitsamt kommen. Er rief an und lehnte ab. Sanktionsdrohung. "Tun Sie das ruhig" war seine Antwort. Die Amtsdame wurde aggessiv, so locker könne man das nicht nehmen, das hätte Konsequenzen. Er erwiderte, daß er keine Leistungen erhalte und von daher nicth so recht wisse, was das jetzt solle. "Wieso bekommen Sie kein Geld von uns? Das geht doch nicht!" Er meinte, wovon er lebe sei erstmal seine Sache. Sie wollte Auskunft, dazu sei er verpflichtet. Er legte auf. Das kann man sich leisten, wenn man es sich leisten kann, was er zum Glück konnte. Kann aber nicht jeder und das ist schlimm.. ... link ... comment
vert,
Montag, 8. Juli 2013, 12:24
ansonsten gibt's ja auch noch gewerkschaften.
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ach annemarie,
Montag, 8. Juli 2013, 12:27
in unserem beruf gibt es keine gewerkschaft oder auch nur irgendetwas in der art....
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arboretum,
Montag, 8. Juli 2013, 12:35
Es gibt den Fachverband Deutscher Hörgeräte-Akustiker e.V. (FDH).
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ach annemarie,
Montag, 8. Juli 2013, 12:42
dort werden arbeitgeberinteressen vertreten.
(bisher war es auch nicht nötig, über "so etwas" nachzudenken. der wandel vollzog sich in den letzten 3 jahren.) ... link
arboretum,
Montag, 8. Juli 2013, 13:45
Dann wird es wohl Zeit, einen Berufsverband der Hör-Akustiker zu gründen.
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herzlichen dank.
in all...
herzlichen dank. in all dem streß wegen meines... by ach annemarie (2024.06.16, 09:48) danke sid.
ich brauche...
danke sid. ich brauche noch einige zeit.... by ach annemarie (2024.06.16, 09:43) |