annemarie |
Samstag, 9. November 2019
waschtag.
ach annemarie, 14:53h
zuerst habe ich all meine regen/sonnenschirme gewaschen -
und dann habe ich es gestern geschafft . alle nummern, mailadressen und sonstige spuren von ihnen habe ich endlich gelöscht. das war einfacher als ich mir vorgestellt hatte, nach drei jahren; bis auf zzup und o. nach nur einem jahr. die letzten reste von axls nachlaß sind gesichtet und sind unterwegs zu einem "behüter". es sind besondere fotos, einige wenige aus der zeit kurz vor dem mauerbau und viele aus einer studienarbeit, zum 20. jahrestag des mauerbaus. axl fuhr damals die gesamte berliner mauer mit dem fahrrad ab und fotographierte sie. wunderbare bilder, er hatte als filmemacher ein so gutes auge. daß sie nun bei j. bleiben können; es sind ja historische zeitdokumente; macht mich richtig froh. jetzt sitze ich inmitten aufgespannter schirme und geniesse meine 2 freien tage. denke an den tag vor 30 jahren und an den als die progromnacht stattfand. innerlich bin ich wie "auf dem sprung"; die letzten monate waren anstrengend und haben mich viel kraft gekostet. beim bauchkraulen von herrn katz bin ich meist eingeschlafen, das gefiel ihm ebensowenig wie die schirme hier. immerhin hat er endlich zugenommen. das was ich abgenommen habe. er heißt jetzt herr mops und wird auf diät gesetzt. draussen leuchten die gelben blätter vom kirschbaum, von den birken und eichen; ich leuchte innerlich mit. trotz der wehmut, es ist nur eine kleine, die sich um meinen magen schmiegt. so klein wie ma+pa geworden sind. beide sind gebeugt und schnell müde; vor allem pa macht mir etwas sorgen. sie essen nur noch vogelportionen und ma nicht mal das. immer läßt sie etwas liegen....dabei ist sie körperlich nur noch ein hauch. jedesmal wenn ich fortgehe, verabschiede ich mich innig und fahre mit glück davon. das glück ist größer als die wehmut; das glück ist eines, welches nur wenige menschen haben. nach einem großwerden mit kälte, prügel, hunger und dem vergeblichen versuch sie lieben zu dürfen, von ihnen geliebt zu werden - ist das eine vergangenheit geworden, die mich heute nicht mehr emotional berührt. wir sind entspannt miteinander, ehrlich und aufrichtig. ich tu was ich tun kann, um ihren alltag zu erleichtern; sie bekochen mich mit meinen lieblingsgerichten. ich verbringe zeit mit pa allein (sie wohnen getrennt, in nebeneinanderliegenden wohnungen), ich verbringe zeit mit ma allein. aber wir essen immer gemeinsam. so viel zeit hatte ich mein ganzes kinderleben nicht mit ihnen. nun, ich bin ja auch mit 13 schon ausgezogen.... wer hat schon solch glück? daß am ende des lebens die liebe kommt und gepflegt wird? wir haben uns vorbehaltlos vergeben, alles und jeder jedem. ich denke, das ist es. so. genug gesessen, jetzt werden die wände im bad gewaschen. der staub muß runter, es wird renoviert. ... link (1 Kommentar) ... comment (775) Sonntag, 27. Januar 2019
ach annemarie, 15:07h
das neue jahr ist schon so alt, daß es keiner mehr wahrnimmt.
trotzdem wünsche ich allen ein gutes. heute sind meine gefühle in den verästelungen meiner vorfahren; ich kann keinen baum daraus erstellen. zu viele sind nicht mehr befreit worden. zu viele tabus, innerhalb der familie um eindeutigkeiten zu wissen. nach dem lesen von christian berkels "apfelbaum" weiß ich, damit bin ich nicht alleine. auch leningrad und 1 million hungertote beschäftigen mich. ich mußte vorhin eine volle packung kakao wegschmeissen, zu alt, zuviele lebewesen darin. die überlegung sie wieder aus dem müll zu holen: hätten die menschen das damals gegessen? ja. beschämt steige ich auf mein neues ergometer und versuche nicht mehr zu denken. mein chef hat mir seines, weil unbenutzt, vorbeigebracht. (was habe ich einen tollen chef! als wir darüber sprachen, fragte er ob nicht einer meiner freunde...? ach, sagte er die sind ja alle tot. dann mach ich das.) ich schaffe 7 minuten, mit dem vorherigen training ergibt das insgesamt eine stunde ohne gedanken. das tut gut. ich muß da jetzt 2x am tag rauf und strampeln, denn ich habe eine galgenfrist. in 5 wochen ist sie abgelaufen. dann steht eine weitere operation an. nach röntgen und mrt wollte man mich eigentlich sofort....ich aber verweigerte. eigentlich soll ich ein künstliches kniegelenk bekommen. eigentlich eigentlich eigentlich. ich hab das gefühl zu zerbröseln, krümelig zu werden, auseinander zu fallen. nein, kein normales altern. ich doch nicht. seit wann ist irgend etwas bei mir normal? alt werde ich gerne, allein weil ich glücklich bin, es werden zu können. wenn meine haare zwischen den schulterblättern hängen, erschrecke ich. so ungewohnt ist das. als wäre ich neu, anders, eine andere person. den jungs erzähle ich davon, lachen darüber muß ich allein. ich erzähle ihnen jeden tag alles. und sie fehlen mir so. ab und zu kriecht eine idee in mir herum, sie lockt mich und funkelt. aber ich habe nun zweimal am tag gelegenheit ihr zu entfliehen, obwohl sie ein gedanke ist, tarnt sie sich als gefühl. ich habe noch etwas zeit. um zu kämpfen, mich zu schämen, voll wonne bratkartoffeln zu verschlingen, mich selber zu überraschen und mein haare bis zum a*** wachsen zu lassen. meinen vorfahren zu gedenken. und all denen, den gleich erging. und ergeht. ... link (2 Kommentare) ... comment (693) Donnerstag, 13. Dezember 2018
ach annemarie, 11:46h
# januar bis oktober
die monate verflogen im wechsel zwischen lady r. und der akustik, wobei die betreuung immer mehr zeit einforderte. bis ich dann nicht mehr konnte. und nicht mehr wollte. hinzu kam lady h., in meinem haus; eine betreuung die auf die selbsständigkeit von ihr ausgerichtet war. von ihr und ihrer familie gewürdigt wurde. so baute ich lady r.s wohnung pflegegerecht um und ging. # im juni starb mein freund zzup. ich hatte das gefühl, alles beginnt von neuem. und doch wieder nicht. kein sterben, keiner der toten ist miteinander vergleichbar. kein trauern ist dem anderen ähnlich. ma ging es sehr viel schlechter, aber sie hat es noch einmal geschafft. von ihr muß ich meine zähigkeit haben. # der juli. beerdigung, begutachtung, bauen. alles wird überdeckt vom arbeiten. und ich übernehme noch eine betreuung. eine, die mich jedes mal glücklich nachhause fahren läßt. bis heute. # august, september, oktober. ein versuch urlaub zu machen scheitert. erst die grippe, dann die gürtelrose. was mich aufgerichtet hat, sind die folgen eines essens mit meinem chef. einige meiner bilder hängen nun öffentlich herum. er spricht davon, mich groß rauszubringen. rausbringen allein reicht, erwidere ich. was mich wieder ins schwanken bringt, ist der tod von o. sein beerdigung im # november ist eine zäsur. nachdem ich auf der steifen beerdigung unangenehm auffiel; ich war die im feuerwehrroten mantel und den giftgrünen strumpfhosen unter 200 schwarzgekleideten menschen; war ich gewillt etwas zu ändern. nein, nicht die buntheit, die meinem o. mehr als gut gefallen hätte. im gegenteil. einen ansprechpartner und eine hilfestellung für die veränderung fand ich schnell. schneller als gedacht. somit verlasse ich mit dem # dezember dieses jahr. und das mit lebensfreude, ohne meine alten ängste. diese haben sich im november, nachdem sie über 50 jahre mit mir lebten, friedlich verabschiedet. so long. # fazit: durch und durch ein "so long!"- jahr. ohne "see you". ... link (3 Kommentare) ... comment (845) Montag, 24. September 2018
ein ganzer tag II (nach einer idee von richard gleim)
ach annemarie, 16:27h
herr katz putzt mit inbrunst meinen linken ellenbogen und ich wache auf.
lachend, es killert und dann merke ich daß es schon hell ist. auch er ist also im urlaubsmodus, ich bedanke mich bei ihm. seit wie vielen jahren habe ich nicht mehr bis nach sieben uhr geschlafen? ich weiß es nicht. trotzdem bin ich noch nicht ganz im hier, aber er hat hunger und wird laut die bohnen sind gemahlen und ich rieche lange, herr katz schmatzt. so ohne ihn, denke ich, wäre es recht still hier. ausserdem würde mir die morgenbückerei fehlen, das auffegen und das säubern seiner toilette. das macht verdammt wach und dehnt den rücken. die espressokanne faucht, ich schnurre bei den ersten schlucken und versuche zu lüften. es knallen die fenster und mir werden birkensamen geliefert. pfundweise dieses jahr. lust auf frühstück habe ich nicht und setze mich an den schreibtisch; ein paar letzte mails für die arbeit, damit ist das thema auch erledigt, die petition für einen inhaftierten türken unterschreiben. eine mail an ma und nach den bestellungen schauen. alles für herrn katz, sein spezialfutter gibt es nur per versand. darüber fällt mir mein frühstück ein und danach wasche ich mir die haare. noch bis vor einem jahr wäre das keinerlei bemerkung wert gewesen, sie sind aber so lang geworden, daß es in arbeit mündet sie zu pflegen. (manchmal erschrecke ich vor meinem spiegelbild, denn nach 20 jahren absolut kurz sehe ich völlig anders aus) eigentlich verabscheue ich dies rumgefummel, kurz war praktisch und schnell getan. doch seit mikes tod habe ich nur einmal eine schere daran gelassen und die auch nur in millimeternähe. fluchend versuche ich die locken zu entwirren und denke an mike, renne schnell in die küche um in den kalender zu sehen - nein, heute ist der 24. erst morgen ist hagens 2. todestag, ich bin erleichtert über meine gute hirnleistung. übermorgen dann herr pappnase, dann axel, danach holger, alles so dicht beieinander. eine traurige zeit und doch liebe ich den herbst. seine farben seine gerüche und endlich regen. nach 5 monaten dürre freue ich darüber sehr. die sturmböen verhindern erfolgreich, daß ich heute eine fuß vor die tür setze. immerhin hab ich ich urlaub und kann verschieben. und wie ich das kann. etliche seiten über die rechte blaue partei lesen, über österreichs prozeß gegen eine abgeordnete und über die fahrradfahrersituation in berlin. alles schwere kost, ich lege mich hin und höre mir bretonische geheimnisse an. gelesen von gerd warmeling, der eine solch schaue stimme hat, daß ich sofort einschlafen kann. den tip hörbücher zum einschlafen zu benutzen, natürlich mit angenehmen stimmen, hatte mir die schwimmlehrerin in hamm gegeben. mir als kleines hatte nie jemand vorgelesen, vielleicht besteht da nachholbedarf. egal, hauptsache es funktioniert. mich weckt der abrupte wechsel von dunkel zu sonne und ich stehe auf, ab in die küche. träumte von makkaroni und siehe da, ich habe welche. fein geraspelte möhre, chili, knoblauch, zwiebeln, etwas speck, olivenöl und petersilie. darüber alten käse und das ist so gut, daß ich im stehen esse. herr katz ist dabei merkwürdig still, bis ich sehe daß er sich quasi in die heizung schmiegt. in die, die für ihn angestellt ist. vom schreibtisch aus schaue ich in den himmel, wunderbare wolkenberge fetzen vorbei, dazwischen kurz ein stück türkisfarbener himmel, blätter stehen und trudeln, mal sonne mal keine. mit einer gedrehten und einem glas cabernet grenache (von aldi, kann ich nur empfehlen) möchte ich in ruhe schreiben - da gibt es einen feueralarm im haus. ist nichts schlimmes, den nachbarn ist wieder mal die milch angebrannt. mir fällte der feueralarm in hamm ein; ich saß im 9. stock, hörte ein komisches geräusch und rief den pförtner an. ganz die stolze akustikgesellin erklärte ich ihm, daß die haussprechanlage eine rückkoppelung hätte. meinegüte hat der mann mich angeschnauzt. nie im leben flog ich treppen schneller herunter! im morgenmantel und ohne brille stand ich unter meinen mitbewohnern, die sich alle zeit genommen hatten sich anzuziehen. die kannten das schon, ich nicht. ich fühlte mich schon ziemlich ausgelacht. jedenfalls ist es witzig für mich, daß ich auch im moment im morgenmantel dasitze, allerdings im 3. stock und mit brille. ich mache noch einen anruf, spreche mit a., einer freundin von zzup, um die ich mich seit seinem tod gekümmert habe. inzwischen sind wir befreundet, wir sehen es als geschenk von ihm an uns. einer geht fort und hinterläßt menschen, die ohne sein sterben uns nie so nahe gekommen wären. ach, herr katz hat wieder ordentlich hunger - schnell füttern, sonst kippt er mir noch um. und ich suche dann das kapitel im hörbuch bei dem ich vorhin einschlief, um nochmals gut einzuschlafen. ... link (7 Kommentare) ... comment (759) Sonntag, 3. Dezember 2017
hinterrücks erinnern:
ach annemarie, 19:30h
# den dezember beginne ich mit einem kleinen verrat -
so kommt es mir jedenfalls vor, wenn ích mir ein neues telefon anschaffen muß und das alte mit seinem besprochenen beantworter in eine kiste packe. ungehört. 2 nachrichten sind darauf, von bruderherz mike. ich schaffe es nicht. am 1. habe ich erfahren, daß ich mitglied der hashimotogang bin. es gibt wirklich schlimmeres und ich bin sogar eher erleichtert, da das einiges erklärt. ansonsten kann mir der dezember mal, denn wir warten auf den tod eines familienmitgliedes. # im november arbeitete ich soviel wie seit vielen jahren nicht. meiner kleinen lady ging es nicht gut, jetzt ist sie auf drogen und das hilft auch nicht besonders. immerhin kenne ich jetzt einige phantastische ärzte. kann man vielleicht mal gebrauchen..... der freundeskreis um bruderherz und h. traf sich; wir haben gehörig gefeiert. und innig . ich liebe sie alle. # der oktober begann mit bruderherzens geburtstag und dem treffen deshalb. gleich einen tag später versuchten das c., der z. und ich axels 1. todestag zu begehen. wir sind ein wenig ausgerutscht. am tag danach hatte ich einen emotionalen kater, der sich gewaschen hatte. ein tag war reserviert für herrn pappnase. zum glück schmerzte mein neues tattoo ab und zu, das gab mir halt. weil es ein anderer schmerz war. # auch im september gedachte ich einem menschen der mir sehr fehlt, hagens 1. todestag. (unbegreiflich das alles so hintereinander geschrieben.) einen glücksmoment hatte ich, als meine küche fertig gestrichen war. nach 11 jahren! in sonnengelb! ich habe sie kaum wiedererkannt. seit diesem monat bin ich mitglied in einer partei, das erste mal im leben. # der nasse august verlief ruhig, nur das farewell für meinen patenonkel kratzte am dünnen schorf. meine kleine lady fuhr 1 woche in den urlaub, ich aber ölte ihre möbel. wann hatte ich je urlaub? # juni und juli packe ich zusammen, sie gestalteten sich auch beide sehr naß und sehr ruhig. mein onkel starb im fernen australien. ein maler, der auf seinem kontinent bekannt war. ma und pa brauchten mehr trost als ich; in mir gab/gibt es so etwas wie routine, was die schlechten nachrichten betrifft. bemerkenswert ist für mich, daß ich nach jahren der abstinenz einen backofen erwarb, somit begann, mich wieder vernünftiger zu ernähren. # im mai war ich fertig mit bruderherzens nachlaß. und machte mich noch intensiver an den von axel. ich träumte sehr viel und nicht nur traurig, tanzte - nein, ich pogte regelrecht durch meine bude, da ich geküsst wurde. von der lebensfreude. # seit april bekomme ich wohngeld und kann etwas leichter leben. ausserdem beschloß ich, mir nicht mehr die haare schneiden zu lassen. # der 3. märz. für immer verbunden mit mikes tod. sonst war da nix und es reichte auch. # scheidung im februar. sehr erleichternd. mein erster geburtstag ohne bruderherz, das war schmerzlich. gegen das, was meine freunde auf die beine stellten, hatte dies gefühl aber keine chance. # im januar häuften sich die geburtstage, essenseinladungen und auch die arbeit. ich wurde geschnitten, 6cm tief, aber zum glück ambulant. auch diesen schmerz genoß ich, aus gründen wie im oktober. ##ein fazit (mal was neues): ich bin gewachsen, quasi mit meinen locken. ich bin jetzt weiß, nicht nur auf dem kopf. ich bin ruhig geworden, nicht nur beruhigt. das allermeiste ist für mich nun gleich wichtig und gleich unwichtig, nicht mehr ungleichgewichtig. ... link (5 Kommentare) ... comment (716) Donnerstag, 23. März 2017
vorwärts mit fortune
ach annemarie, 13:06h
sie ist unerbittlich
aber sie ändert sich stetig und sie ändert dich sie will gelebt werden als mike starb fiel ich in eine trauer wie ich sie vorher nicht kannte, als liefe ich durch meine tage mit dem kopf im nacken, augen geschlossen, eingewickelt in schmerz. das blinzeln durch die lider fing gerade an, da starben die weiteren freunde. einer nach dem anderen und ich verdrängte und erstarrte. es tat mir gut, vordergründig, zu rennen, zu organisieren, zu machen und zu tun. wegrennen, dabei hastig unendlich viele schmalzstullen zu verschlingen und doch wußte ich, daß mit dem erledigen aller dinge auch das trauern wiederkommen wird. ich hatte angst. große angst, ich dachte, das muß ja eine riesige woge sein, die mich überrollen wird. stattdessen platzen meine illusionen wie eine blutwurst in der pfanne, leise und ohne brandblasen. die uraltweisheit, daß es das eine - leben - ohne dem anderen - tod - nicht gibt, ist mir so klar geworden, daß ich es nicht denke, sondern fühle. keine woge haute mich aus den schuhen. im gegenteil, ich stehe stabil auf dem neuen boden, laufe gerade und habe die augen weit geöffnet. nur für momente lege ich den kopf in den nacken. dann, wenn einer von ihnen mir fehlt, wenn einer in mein erinnern rückt mit wort, duft, tönen oder einer farbe. das beides wechselt sich ab und ich ertrage meine existenz ohne zu schwanken. darüber staune ich sehr. das trauern hat sich und mich verändert, ich habe viele entscheidungen getroffen. daß ich sie getroffen habe, merkte ich meist erst beim umsetzen; ich wunderte mich mich über das was ich da tue. ein radikales ausräumen meiner vielen vielen dinge, das halbieren meines haushalts (was geschirr, besteck, töpfe etc. betrifft), vergeben und verschenken von allem was mir auf einmal nicht mehr wichtig war und ist. frei-räume-n. einige exotische, einige schwere krankheiten habe ich überstanden; nun werde ich alles regeln, damit alles geregelt ist. ich habe mir versprochen, daß ich nie nie nie mehr ins krankenshaus muß. liegend jedenfalls. kleinkram werde ich nicht unbedingt ignorieren, weiß jedoch genau, was ich mir nicht mehr antun lassen werde. seit ende 2015 war ich mit dem malen und schreiben im ausnahmezustand. nichts ging mehr. ich war, frisch verheiratet seit september, bis in den februar 2016 auf dem wege der trennung. ich selber vermute einen zusammenhang mit meinem blöden sturz im februar, der mich ja gezwungen hatte, zur ruhe zu kommen. und dann kam der 3. märz und mein bester freund starb. wie ich dieses jahr, mit allem was folgte, überstanden habe, das weiß ich nicht mehr so genau. nach all diesen todesfällen, einige sehr brutal und unglaublich schrecklich, finde ich mich hungrig tatendurstig und voller intensivster gefühle im hier und im jetzt wieder. einen starken durst auf wörter habe ich, seit eingen nächten weckt er mich auf und meine farben äussern ein heftiges verlangen nach begutachtung, verreibung, vernichtung. der geruch schweren papiers, jetzt ist er zurück. lockt mich. so ganz trau ich mich noch nicht.... aber bald, demnächst. ich spüre es. und, ein alter freund - besser eine neu arrangierte freundschaft - schrieb mir folgenden wunderbaren satz: Das mit dem aneinander Denken ist wohl eine der positiven Folgen eines negativen Ereignisses. ... link (1 Kommentar) ... comment (702) Samstag, 21. Januar 2017
dreieinhalb sätze. (klammer zählt nur halb.)
ach annemarie, 19:54h
zusammengefaltet (wie ein blatt papier, was so oft gefältelt wird,
daß am ende jeweils beide daumen und zeigefinger in eine öffnung gesteckt, diese konstrukt auf und zu klappen können, um verschiedene wörter die am beginn auf das blatt geschrieben wurden, zu einem satz vervollständigen; wie heisst dies faltwerk nur? hat es überhaupt einen namen?) jedenfalls wirft dein körper starre falten, schwimmt aber trotzdem auf dem bett, sobald du an dem damm rührst, ja noch nicht einmal daran kratzt, du berührst nur das mauerwerk und sofort ist nichts mehr sicher, unter dir, über und neben dir und sowieso in dir. du redest mit ihnen, am morgen begrüßt du sie mit "hallo jungs.", mal erzählst du dem einen mehr als allen anderen, mal fragst du den anderen, ob es ihm recht sei, was du tust und das lauschen auf antwort erhöht den damm, erniedrigt dein gewicht, auch wenn du ißt und ißt und ißt verschwindest du hinter dem letzten loch im gürtel, denn nach dem liegt niete an niete, es gibt keine möglichkeit zwischen ihnen halt zu machen, diese verdammten nieten, angelaufen, verbogen und voller geschichten möchtest du zwischen sie kriechen, das läßt dich mehr verzweifeln, als die erkenntnis, daß die "jungs" alle erwachsene und ausgewachsene kerle waren und eben - waren. es ist dir unmöglich zu trauern. ... link (2 Kommentare) ... comment (671) Samstag, 10. Dezember 2016
2016
ach annemarie, 21:13h
# ich bin gestürzt und gebrochen # mike ist mehr als gestürzt und gestorben # so viele herzen fingen an zu splittern # atmen lernen und abschiednehmen # ich verunfalle und lerne zu unterscheiden # offizielle erlaubnis den namen in dem ich mich heimisch fühle zu tragen wird erteilt # endgültiger abschied von hagen # die schönen frauen schließen den bund fürs leben # axel fliegt fort für immer # in mir ist es sehr dunkelgrau # herr pappnase verläßt unsere welt # der kreis wird geschlossen durch holger der nicht mehr erwacht # ein versteinertes verabschieden es bleiben mir fragen es bleibt ein enormer schmerz ich schaue oft in den sternenhimmel ich vermisse euch so sehr denke ich dann und doch funkeln die sterne und erinnere ich mich an die die da sind meine freunde sie lieben mich und ich sie alles beides bringt tränen tiefe kerben am mund meine augen knittern ich bin doch so gerne allein und nun und nun fühle ich endlichkeit einsamkeit wie einen wegweiser einen pfeil der mich warnt nicht zu vergessen das leben zu leben. dies jahr hat mich um ein jahrzehnt altern lassen. ... link (0 Kommentare) ... comment (497) Sonntag, 5. Juni 2016
ein ganzer tag (nach einer idee von richard gleim)
ach annemarie, 09:27h
um 6 uhr morgens hatte ich schon so große langeweile, daß ich anfange alles was
hängt abzunehmen, um es zu reinigen. ich mahle die kaffeebohnen, stehe lange und atme den duft ein. ein moment auf den ich mich schon beim einschlafen freue. erste dehnübungen während ich die katzentoilette säubere, pflanzen wässere und endlich die 1. maschine fertig gewaschen hat. ich liebe es wäsche sorgfältig arrangiert aufzuhängen. danach sitze ich vor dem bildschirm, herr katz putzt sich neben mir im sonnenfleck, wir lesen die tagespresse. ich beginne eine mail, schaffe aber nur wenige worte. zu schwer, das verabschieden. bevor ich mich bei fb einlogge, muß ich mein morgendliches ritual absolvieren - 3 verschiedene patiencen zu legen und jeweils meinen täglichen rekord zu unterbieten. das macht mich äusserst wach. die 2. maschine piept, einige vorhänge kann ich naß vor die offenen fenster hängen; eine gute übung für meinen, durch den hangelenksbruch geschwächten, linken arm. frühstück vergesse ich, bis mir die bücher über das trauern in den blick kommen. ich zwinge mich etwas zu essen, nur kaffee und kippen geht heute nicht. ich muß mein training machen und würde ohne feste nahrung glatt dabei umkippen. es wird warm, ich lege mich nach draussen unter den schirm, zwischen kühlender wäsche. der kater freut sich wieder den balkon zu erobern, die eichhörnchen sind fort. mein blick bleibt an den pflanztöpfen hängen, sie sehen aus, als hätte ich kleine wiesen angelegt. babyhörnchen hat alle kleeblüten vernichtet. ich schaue nach unten und sehe gewölle. überall und sehr dicht. ich mag spinnen, aber züchten will ich sie nicht. ich fege den balkon, das erste mal seit dem märz und schnaube hinterher in schwarz. schnell lese ich ein buch zuende; weine langsam, danach. sonne! wie sehr hat er die sonne geliebt....lag meine hand neben seiner, leuchtete sie weiß. immer. ein weiterer satz tropft in die mail und auf fb befreunde ich mich endlich wieder mit der fabulösen rudy simone. ich schreibe an ma, ma antwortet sofort. ich schreibe zurück, wir unterhalten uns per mail so viel wie nie zuvor. sie ist fast taub, daher ist es eine erleichterung für sie, mir ist es eine freude. liege dann wieder und denke nach. herr katz meckert, da ich seinen nachmittagssnack verzögere. ein weiterdenken ist nicht mehr möglich. das training möchte gemacht werden, heute schaffe ich nur 130 sit-ups, der rest turnt sich wie gewohnt. mein magen meldet sich; ich halbiere lauchzwiebeln, schreddere jungen knoblauch, mahle chili, erhitze olivenöl und koche spagettini - peccorino darüber und mein magen ist friedlich. im radio spielen sie gewinnspiele. das wird mehr und mehr, ich schalte ab. ich verabscheue jegliches spielen; und nein - patiencen spielt man nicht. man legt sie. inzwischen landet die letzte maschine. ich trinke tee, nehme 4 kekse und schreibe noch einen satz. den ich sofort wieder lösche. im ununterbrochenen denken fällt ein wort um. "anstummen", anstelle von "anschweigen". ein toller versprecher von david. ich mag es, aber leider fällt mein blick auf 2 fotos mit einem weissen autowrack, ich muß sie umdrehen und die vermaledeite mail beenden. ich traue mich nicht sie abzusenden, mache es dann doch. während des abwaschs esse ich ein viertelpfund erdbeeren, lasse wie immer die stiele auf dem teller liegen, bis der saft davon getrocknet ist. das ist ein gutes wohnraumparfüm. den teller wasche ich erst morgen, es duftet lange. ma antwortet, ich schreibe zurück und im radio läuft endlich die "dance-hall", dabei läßt sich gut das katzen-wc reinigen. (man, wo das alles herkommt?) mit einem glas wein, einer kippe, einem blick in den rostigen himmel wird es 9. und ich bin fertig mit diesem tag. ... link (0 Kommentare) ... comment (475) Freitag, 3. Juni 2016
loslassen, du mußt
ach annemarie, 11:47h
habe ich am häufigsten gesagt bekommen.
abgesehen von dem "muß", welches man niemandem ausser sich selbst befehlen sollte, ist das gequirlte kacke. die aussagen nahm ich zunächst ernst und mühte mich daran, bis ich das gefühl hatte, zu versteinern. es ging mir immer schlechter und ich verbarg das, da mir die folgenden bemerkungen einleuchtend vorkamen und ich dachte - so muß das sein: "tot ist tot und er ist nicht gestorben, damit du dich grämst." "seine seele ist frei, es geht ihm gut und du hinderst die ihn engültig befreit zu sein, wenn du festhälst." "jetzt ist aber mal genug." .... ich kam mir vor, als trüge ich die verantwortung für den zustand seiner seele; was immer sie ist und wo immer sie auch sein mag - ich bin mir da nicht sicher. je länger (wer bestimmt was lange ist?) ich also trauere, desto übler für ihn. aha. nur meiner ärztin gegenüber brach mir die fassade einen spalt auseinander und sie gab mir rat, fürsorge und literatur über das trauern. darin erkannte ich mich wieder, nicht mehr essen zu können, nicht mehr zu trinken; das verdrängen/leugnen bis die realität dich erneut mit wucht zurückschleudert; das gefühl irre zu sein und weiter zu werden; nicht mehr zu funktionieren, alles zu vergessen, was vorher automatisch ablief; sich dem gestorbenen nähern zu wollen, vielleicht auch zu vereinigen, indem man am besten auch stirbt. ich zitiere: (augustinus, nach dem tod seines besten freundes, ein 1. halbsatz wird von ihm zitiert, nach ovid) ) "durch diesen schmerz kam tiefe finsternis über mein herz.... ich war mir selbst zu einer einzigen großen frage, und ich forschte in meiner seele, warum sie traurig sei, warum sie mich so sehr verwirre, so wußte sie mir nichts zu antworten. .... denn ich habe seine und meine seele als einzige in meinem körper empfunden (ovid, trist.IV,4,72) und deshalb schauderte es mich vor dem leben, weil ich nicht als halber leben wollte, und deshalb fürchtete ich vielleicht zu sterben, weil er, den ich so sehr geliebt, dann ganz gestorben wäre." und ich zitiere: (verena kast, trauern) "stirbt ein geliebter mensch, so nehmen wir in seinem sterben nicht nur antizipatorisch unser eigenes sterben vorweg; wir sterben in gewisser weise auch mit ihm. es wird uns kaum je so radikal bewußt wie beim tod eines geliebten menschen, in welchem maß wir uns aus unseren beziehungen zu anderen menschen und dingen verstehen und erfahren, in welchem maß der tod einer solchen beziehung uns aufbricht und neuorientierung verlangt. .... die welt tritt dem trauernden anders gegenüber als dem menschen, der nicht trauert. und je stärker die trauer und der tod in einer gesellschaft verdrängt werden, um so weniger spontan wird diese gesellschaft mit den trauernden umgehen, desto schneller wird sie fordern, daß man endlich wieder einmal mit der trauer aufhören sollte." wann wurde eigentlich das trauerjahr abgeschafft? wie jede andere, hatte auch unsere gesellschaft riten und formen, um "ordentlich" trauern zu können. die treffen seiner freunde, um seine wohnung wieder herzurichten, die trauerfeier, seine bestattung, all das gab mir kraft und hielt mich; im moment aber, alleine und wie unter wasser lebend, hält mich nichts mehr fest. okay sage ich mir, ich werde aushalten, denn ich will nicht ertrinken. und die anderen sollten mich (los-)lassen. ... link (2 Kommentare) ... comment (649) ... nächste Seite
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herzlichen dank.
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herzlichen dank. in all dem streß wegen meines... by ach annemarie (2024.06.16, 09:48) danke sid.
ich brauche...
danke sid. ich brauche noch einige zeit.... by ach annemarie (2024.06.16, 09:43) |