annemarie
Montag, 11. Februar 2013
warum nur?
nur ma + pa + ich haben gestern meinen geburtstag nachgefeiert, was sich als sehr vorteilhaft herausgestellt hat.
abgesehen davon, daß mir die ersten fragen überhaupt nach der malerei stellten, erfuhr ich nach fast 40 jahren, warum ich mit 13 von zuhause fortkam. und niemals wieder dort wohnen konnte.
wiederum auch zum ersten mal fragten sie nach meinem befinden in dem internat. (ähem, ich war dort von 1974 bis 1979)
zu meinem "weggang" führte eine konferenz aller meiner lehrer, des direktors und einem menschen von der schulbehörde, die mein damaliger klassenlehrer initiierte.
das ergebnis war die entfernung meiner person von diesem gymnasium.
untragbar, unfähig zur eingliederung und anpassung, verhaltensauffällig, schwer gestört - so wurde das meinen eltern gesagt und sie, sie sagten mir damals nichts darüber.
(sondern brachten mich per vitamin-b-kontakt zum schulsenator, in dem internat unter, da mit diesem "stempel" in der akte mich keine andere schule mehr übernommen hätte.)
meine erinnerung an die jahre im gymnasium: ich hatte erstmalig kontakt zu mitschülern, der über ein "guten morgen" hinausging (zu einigen habe ich bis heute kontakt), ich fehlte nie, hatte gute bis mittelmässige leistungen und - große probleme mit dem klassenlehrer, der nach 1 jahr, von einer anderen schule kommend, meine klasse übernommen hatte. nach schulschluß saß ich oft stunden weinend in meinem zimmer, voll mit angst vor ihm und mit der frage, was ich tun könnte, damit er mich nicht hasst.
als ich ende der 90er jahre zu einem ehemaligentreffen ging, gab es fast nur die eine frage: "warum bist du damals verschwunden?".
beantwortet hat sie mir dann ein ehemaliger mitschüler, der inzwischen direktor des gymnnasiums war.
er erzählte mir von dem ärger mit dem klassenlehrer, die zur entfernung dieses mannes aus dem schuldienst und einem gerichtsverfahren führte. nein, nicht wegen mir, dieser mann hatte immer einen seiner schüler im auge, den er gerne aus der schule entfernen wollte. so hat er das schon auf seinen vorherigen schulen gehandhabt, bis sich dann endlich jemand wehrte.
davon wußten wir schüler natürlich nichts und meine eltern bis heute auch nicht. sie hörten mir sehr mißtrauisch zu - man ist ja immer das kind und wer glaubt dem kind? - und ich merkte, daß sie das nicht recht glauben wollen.
kein wunder, ich hatte eine steile klassenwechselkarriere in der grundschule absolviert, siehe asperger.
nur, grade auf diesem gymnasium war ich das erste mal in einen klassenverband integriert und fühlte mich wohl, konnte ohne panik morgends aus dem hause gehen.
bis herr xxxx kam.
er sah mich, sah schwäche, andersartigkeit und griff in mein leben ein, stellte weichen, deren richtung mich heute noch beeinflusst.
die eltern des letzten schülers, den er fertig machen wollte wehrten sich. bis vor gericht. herr xxxx verlor alles und mußte sogar schmerzensgeld zahlen.
ich weiß noch genau, wie herr xxxx aussah, roch, redete, welch brillengestell er hatte und was er für kleidung trug; ich observierte ihn damals genauestens, um einen weg zu finden aus seinem fokus heraus zu gelangen.
ich wußte ja nicht WAS er den erwachsenen über mich erzählte; das wußte ich bis gestern nicht.
ich bin kein freund von "was hätte können" "was wäre gewesen, wenn..."
aber ich fühle das zusammenknäulen einer sehr alten wut, die sicher bald auf die welt kommen möchte.

meine unbeantwortbare frage: warum nur fiel ich, nach 6 jahren schulstreß endlich zur ruhe kommend, diesem mann in die hände?

mandelkern

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geschunden, an leib und seele geschunden; dies kleine mädchen.
ich bin so wütend.
hab ich irgendwo ein "jesus" unter meinen namen??
hab ich als kleine annemarie die arme hochgereckt und "gibs mir gibs mir!" gerufen??
der herr xxxx lebt bestimmt nicht mehr.
sein glück.

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und noch so eine frage: warum denn nur, hat kein mensch mir damals auch nur eine einzige frage zu all dem gestellt?

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mich ereilt wortlose fassungslosigkeit.

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Ich kann sie Ihnen sehr gut nachfühlen, die Wut, die umso grösser ist, je machtloser man gegen sie oder deren Auslöser ist. Auch wenn die Ereignisse der Vergangenheit angehören, die Wut bleibt wohin man auch geht, wie ein verdammtes Unkraut, das man bekämpft, herausreisst und das doch immer wieder hochkommt. Warum? Warum? Da helfen keine guten Ratschläge. Vielleicht malen Sie Ihre Wut. Vielleicht finden Sie Herrn XXX und schenken ihm das Bild, wo auch immer er jetzt ist.

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das haben sie sehr treffend beschrieben, herr pastiz.
inzwischen habe ich mich etwas beruhigt und denke, daß es auch gut war diese dinge zu erfahren.
sie erklären mir eine menge anderer situationen und verhaltensweisen meiner damaligen umwelt, die ich bisher als rätselhaft empfand.
und, ich hätte nie meinen meister getroffen, der auf dem internat arbeitete und mich gründlich ausbildete. somit auch nicht seinen sohn, der in zukunft sein atelier mit mir teilen wird (!).
den rest an wut könnte ich wirklich auf papier bringen, zerknüllen, zerfetzen und die überreste davon in die erde des grabes von herrn xxxx stampfen.

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Ich freue mich für Sie, dass Sie einen zweiten Blick auf diese widrigen Umstände haben werfen können, der Ihnen "die gute Seite" gezeigt hat. Und noch mehr, dass Sie diese haben erkennen können. Mir selbst ist es ähnlich ergangen: Ohne die Umstände, die mich vor vielen Jahren aus der Bahn geworfen haben, wäre ich nie meiner heutigen Lebensgefährtin begegnet, mit welcher ich seit 20 Jahren verbunden bin. Diese Erkenntnis macht das Vergangene nicht ungeschehen, aber sie hilft, die Gegenwart zu begreifen und in die Zukunft schauen zu können.
P.S. Viel Erfolg für Ihre Ausstellung! Die Kehrtwende der Ereignisse sind ja auch ganz schön wunderbar.

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danke sid. ich brauche noch einige zeit....
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