annemarie |
Sonntag, 22. Dezember 2013
ohne jede übertreibung
ach annemarie, 11:33h
im september 2001 arbeitete ich bei dr. r.g., dem anwalt der die hinterbliebenen und opfer des eschede-zugunfalles vertrat.
dadurch lernte ich (per telefon) auch prof.dr. gottfried fischer kennen, der diese menschen psychologisch betreute. ich kam nicht auf die idee, daß er auch für mich hätte etwas tun können, obwohl meine therapeutin zu ihm nach köln ging, um sich bei ihm traumatherapeutisch ausbilden zu lassen. das tat sie wegen mir, da ich 1998 von ihr wegging, weil ich mich nicht in einer normalen therapie aufgehoben fühlte. prof.fischer holte das wort trauma und seine bedeutung zurück in die öffentlichkeit, da er die betroffenen menschen in deutschland unversorgt sah. er behandelte schon die spätfolgen derjenigen, die das rammstein-flugshow-unglück überlebt hatten und wußte um die gesellschaftliche ignoranz dieser erkrankung. auch daß die helfer bei katastrophen; feuerwehrleute und seelsorger, polizisten und rettungskräfte nach "allem" sich selber überlassen waren und doch auch oft traumatisiert waren. im folge des eschedeunglücks gründete er eine traumaklinik auf dem gelände des alexianerkrankenhauses in krefeld. ein neugebautes haus, entworfen von architekten, die die vorgaben bekamen, so zu planen, daß sich menschen mit großen und verschiedenen ängsten, darin möglichst wohlfühlen. es wurde ein 2stöckiges gebäude, in form einer flachen schnecke, oben die patientenräume und unten die schulungsräume für polizei, feuerwehr und sannis. drumherum wurden winzige häuschen gestellt, in denen die langzeitpatienten wohnen können. das alles steht auf einem parkrähnlichen, ehemaligen klostergelände; ist licht und hell, getrennt von dem eher stressigen alltag des krankenhaus. ich finde es mehr als gelungen und habe mich dort wieder ins leben zurückbewegen können und wohlgefühlt. 2006 erlebte ich eine persönliche katastrophe, die alle meine traumata reaktivierte; was erst einmal nicht offensichtlich war und einige krankenhausaufenthalte nach sich zog, die mir mehr schadeten, als nützten. es wurde klar, daß ich eine traumaoriente behandlung brauchte, aber die plätze im berliner bundeswehr-kh waren auf monate ausgebucht; das einzige haus, das so etwas anbot. ich erinnerte mich an herrn fischer und schrieb ihm eine kurze mail, in die ich aber doch alle meine "erfahrungen" schrieb, um ihn vielleicht dazu zu bewegen, mich in sein haus aufzunehmen. ich weiß noch, wie ich weinend am schreibtisch saß und stunden an dem text arbeitete, da ich schon die dringlichkeit vermitteln wollte, aber ihm nicht auf den keks gehen. mit zu langen oder gar zu jammerigen beschreibungen. zwei stunden später; ich kann mich an die zeit erinnern, weil ich so verblüfft war, wie schnell er reagierte; um 01:35 uhr in der nacht schrieb er mir zurück, daß ich sofort kommen könnte, beschrieb das kassenprocedere und was ich mitbringen sollte. und wie ich dort ankam, knapp 40kg wiegend, total fertig nach einer zugfahrt, von der ich nicht mehr weiß, wie ich die überstanden hatte. ich saß zitternd und schweißnass vor dem personalraum, klammerte mich an meinen koffer und wollte überall sein, nur nicht hier. vor lauter angst, grad ausgestandener und neuer. irgendjemand erzählte mir irgendetwas. ich gab meine papiere her. dann, da das haus übervoll(!) war, wurde ich in einzelzimmer, zu einer 1,80 hohen und mindestens 1m breiten frau gelegt, die in ihrem bett lag und laut schnarchte. sehr sehr laut schnarchte. ich stopfte mir die ohren zu und dachte über albträume im wachzustand nach. und warum sich keiner um mich weiter kümmert. und warum ich jetzt schlafen soll. und warum dieser koloss schon schlief. und dann schlief ich ein. am nächsten morgen wurde ich rot vor scham, da der "koloss" sich als eine sehr einfühlsame frau entpuppte, die sich vielmals und ausdauernd für ihren nachtlärm entschuldigte, bis ich keine angst mehr vor ihr hatte.... (das war m., mit der ich bis heute sporadisch kontakt habe.) und ich nahm langsam wahr, wo ich gelandet war. wir waren ca 20 patienten, von 16 bis 81 jahren und ich lernte als erstes die 2 gebote kennen. wir hatten untereinander absolut zu schweigen, was all unsere krankheiten betrifft und das personal hatte absolut mit uns zu reden, wenn einer von uns bedarf danach hatte. alles war auf die persönlichen bedürfnisse des einzelnen zugeschnitten, jeder hatte einen eigen bezugspfleger/in. (meiner war so an die mitte 20, ich ging immer hinter ihm die treppe hoch um den anblick zu genießen. hach.) man mußte nichts, man konnte an dem teilnehmen, was einem gut tat. herr fischer kam auch ab+zu vorbei, ich lernte ihn auch persönlich kennen, da, obwohl ich nicht von ihm behandelt wurde, er sich an mich und meine mail erinnerte. ich könnte schreiben und schreiben, was die 7 wochen dort alles geschah; wieder sitze ich und weine mal kurz, bewege mich, wie schon öfter dieses jahr zwischen der freude über das leben eines menschen und der trauer über seinen tod. am stück gelingt mir das aufschreiben nicht, ich muß öfter mal in die küche, neuen café holen und in den himmel schauen, wo ich ihn jetzt vermute. die einzelheiten aber, die erinnerungen, das erlernte und erlebte würden diesen eintrag zu dem längsten den ich je schrieb machen. daher nur noch, ohne jede übertreibung: ohne ihn würde ich nicht mehr am leben sein. ruhen sie in frieden professor doktor gottfried fischer. ... comment
wajakla,
Sonntag, 22. Dezember 2013, 16:19
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herzlichen dank. in all dem streß wegen meines... by ach annemarie (2024.06.16, 09:48) danke sid.
ich brauche...
danke sid. ich brauche noch einige zeit.... by ach annemarie (2024.06.16, 09:43) |