annemarie
Samstag, 2. April 2016
-
heute ist es einen monat her.
schon?
erst?
 
mit dem versuch wieder in meinen alltag zu gelangen, bin ich gescheitert.
nichts ist oder fühlt sich an wie vorher,
ich bin eine andere geworden.
 
dieser automatische griff zum telefon -
 
 


everything hurts.
especially everything.
 
 

mandelkern

... link (0 Kommentare)   ... comment  (293)


Sonntag, 27. März 2016
was einem bleibt,
ist geschrieben, sorgfältig in den blick gestellt, zu hören und zu riechen.
sogar zu schmecken.
nur das fühlen ist noch immer nicht begreifbar....
 
 

mandelkern

... link (0 Kommentare)   ... comment  (261)


Mittwoch, 16. März 2016
...natürlich hat die sonne gestrahlt,
auch wenn der raum nur leicht von kerzenschein erhellt wurde.
da lagst du, ein teil von dir.
lang, schmal und bunt.
meine augen folgten erst den umrissen deines sarges,
mein blick fiel dann auf deine zähne.
wir fanden sie vor einer woche inmitten der trümmer;
ich habe sie gewaschen.
unter fliessendem wasser hielt ich dein lachen in meinen fingern.
und wusch und wusch, mochte nicht aufhören.

dein körper war bedeckt mit einem weissen tuch,
darunter gekleidet in den türkisfarbenen anzug.
deinem selbstgenähtem lieblingsstück.
einem tiefroten hemd, einer fliege und dem maatkäppi.
rosen deines mannes, rosen vom chor, tulpen von deiner ma und gummibärchen.
meine hände fanden von allein den mut, legten sich kurz um
deinen kopf,
ich sprach dir das versprochene kaddish.
ein wenig leichter legte ich dir mein herz in den sarg,
umschloß mit der linken hand deinen fuß,
fühlte die kühle,
begriff endgültiges
und trat zurück in die sonne.

mandelkern

... link (4 Kommentare)   ... comment  (482)


Freitag, 11. März 2016
wir für dich
vor der tür angekommen, schauen wir auf das siegel und wissen es muß gebrochen werden.
4 treppen altbau sind wir hinauf gegangen, alle schnappen nach luft.
sieben mal herzschlag füllt den flur, laut und schnell.
auf dem boden steht eine tulpe und daneben blüht eine narzisse auf.
die lieben nachbarn.
in jedem stockwerk gab es vorher noch gemurmel, nun aber geht die wohnungstür auf und wir schweigen,
setzen unsere füsse ganz vorsichtig.
holzstücke, brocken der wände, glassscherben, umgeworfenes und zerstörtes mobiliar,
der geruch.
er legt sich auf uns und wandert in uns.
er ist zu schmecken.
nur ein paar informelle worte sind zu hören, wir wissen, was ein jeder tun kann.
viele stunden arbeiten wir und arbeiten.
die fenster sind weit und neuköln flattert herein.
irgendwann stehen dann 20 weisse tulpen, ein bild lehnt sich an.
urplötzlich geht der computer an, man sieht die zuletzt gehörte musik.
die räume riechen noch streng und doch sind sie voll der intensität unserer liebe,
gefüllt mit freundschaft.
so war das, so soll es sein.

mandelkern

... link (0 Kommentare)   ... comment  (286)


Samstag, 5. März 2016
das wird ein langer brief mein freund,
doch da ich sowieso ununterbrochen in gedanken mit dir rede,
dachte ich mir, mich hinzusetzen und dir zu schreiben, wird mir helfen dich zu verabschieden.
 
 
 
2009
 
am donnerstag um 19:27 rief ich s. an und erfuhr daß du gestorben bist.
an das gespräch erinnere ich mich nicht genau, ich habe einen kleinen blauen fleck am kopf, weil ich ihn an den küchenschrank rangehauen habe, ja ich habe auch laut geschrieen und mein kater rannte mir fassunglos um die beine.
es holte mich zurück, das arme tier.
nun stolpere ich durch die stunden und versuche zu begreifen daß du fort bist.

gestern war ich arbeiten und für einige zeit abgelenkt.
jedoch als ich die ladentür abschloß, fing ich wieder an zu weinen, haben wir uns doch dort das letzte mal gesehen.
wie letztes jahr kamst du zu spät, hast du den laden nicht gefunden;
was war ich froh, als ich - mir schon eine jacke anziehend um loszugehen dich zu suchen - deine hand auf der schaufensterscheibe sah und dann dich, wie du völlig fertig angekommen bist.
und dann hattest du noch eine schwere tüte angeschleppt,
mit meinen töpfen.
diese scheißtöpfe, die mich jetzt zum weinen bringen, wenn ich sie nur ansehe.
und das muß ich dauernd, da ich meine alten entsorgt habe.
und wenn ich sie nicht ansehe, begegnet mir in jedem meiner räume eine gabe von dir.
sei es ein stein, eine kerze, ein bild, mein papierkorb, eine decke,....
ja mein schatz, in 30 jahren sammelt sich einiges an.
30 jahre....
jetzt schaue ich auf den buddha aus holz.
den, den ich von nils geerbt habe, bei dessen wohnungsauflösung wir uns kennenlernten.
wir saßen beide mit gesenktem kopf in der bude rum, weil sich ein paar scheußliche freunde von ihm über die handtücher stritten.
ich hob meinen kopf, mit dem gedanken hier schnell zu verschwinden und sah in deine augen.
ich kann schlecht in den augen anderer lesen, das aber war eindeutig.
wir erhoben uns und gingen.
zusammen.
seit diesem moment sind wir freunde.
wie es das leben so wollte, wohntest du mir gegenüber, ich schaute aus dem 2. stock
direkt in dein zimmer im erdgeschoß.
wie oft habe ich dich an der nähmaschine sitzen sehen, immer wieder deine langen arme zur musik in die höhe streckend und laut mitsingend.
wenn ich lust hatte konnte ich jederzeit zu euch runter und am küchentisch plaudernd meine stunden verbringen.
nicht nur ich hatte urvertrauen, dir ging es auch so.
da du als pfleger schichtdienst hattest, gingen wir auch unter der woche aus, ins so36 ins schwuz und sonstwohin.
aus meiner ehemaligen wohnung in der adalbertststraße bautest du dir mein hochbett ab
und das begleitete dich durch alle deine wohnungen, bis heute hast du darauf geschlafen.
ich empfinde das als symbolisch für die vernetzung unserer leben und für die nähe, die wir miteinander haben konnten.
´89 begann ich meine umschulung und du hast mich so wundervoll dabei unterstützt,
auch indem du nur noch in den ferien mit mir ausgegangen bist.
gegen ende der umschulung bahnte sich meine ehe an, du warst begeistert und fandest a. äusserst sexy.
dein liebesleben war sehr wild und wir haben von anfang an sehr offen über unserer beiden beziehungen, wünsche und bedürfnisse gesprochen.
als wir ergrauten kamen wir dann auch mal auf unsere beziehung,
schauten sie uns gemeinsam im rückblick an, spekulierten was wäre wenn....
du nicht schwul wärst und ob freundschaft nur ohne sexualität möglich ist,
wie wir uns gegenseitig im schlimmsten trennungsschmerz gestützt haben und -
wie wir mit unseren todesnähen und todesängsten umgehen.
dabei entdeckten wir, daß wir wie eineiige zwillinge, stetig zur selben zeit gutes odes schlechtes erleben.
1996 änderte sich unser umgang.
dieses jahr ist für uns zwei ein umbruch gewesen, du bekamst deine diagnose hiv und ich
hatte den unfall.
seit dem sommer 1996 können wir beide nicht mehr gut schlafen;
du aber hast zurückgesteckt und mich die ersten schweren jahre unterstützt und begleitet.
erst als ich wieder wach war, begriff ich was mit dir los ist und konnte dir etwas fürsorge
wiedergeben.
die trennung von deiner großen liebe, mit deinem rückzug in eine neue wohnung,
ach das war schwer für dich.
auch gab es die ersten toten in unserem, mehr noch
in deinem bekanntenkreis; das ließ dich schwermütig werden.
ich hab mich nicht abschrecken lassen, daß du niemanden sehen wolltest, ich versuchte es immer und wieder, auch wenn ich nur für ein paar minuten vorbei kommen durfte.
ich respektierte deine selbstgewählte isolation, wollte dich aber nicht ganz allein dadurch gehen lassen.
es dauerte jahre bis du wieder lebenslust bekamst.
zu den regelmässigen umzügen von a. und mir konnte ich dich locken, du hast jede unserer
und auch die jetzige wohnung, mitrenoviert und gestaltet.
in die jetzige kamst du schon mit a., ihr beide habt mir geholfen.
a. war der beste der dir begegnete, der beste, der dir passierte - so sagtest du das.
mein a. und ich waren so glücklich für dich....
und dann war mein a. auf einmal weg und wieder hast deine hände um mich gelegt hast mich gehalten.
als ich aus dem gröbsten raus war, hast mir gesagt, daß du dir nicht sicher warst, ob ich das überleben werde.
aber du hast nicht lockergelassen, wenn ich niemanden sehen wollte, hast immer gefragt, ob ich etwas gegessen habe und kamst vorbei, auch wenn ich besuch nur für ein paar minuten ertragen konnte.
natürlich breche ich hier an meinem schreibtisch zusammen, während ich unsere freundschaft beschreibe. ich muß pausen einlegen und mich von der tastatur fernhalten, damit sie mir nicht mit salz verkrustet.
ich weiß aber ganz genau mein liebster, daß dir das gefallen würde.
wir beide sind schließlich von nanny fine geprägt;
eine anständige trauer hat nun mal theatralisches.
(ach, nun kann ich nicht mehr zitate beginnen, weil nur du sie beenden könntest.)
wir haben meinen 50en zusammen gefeiert, du sagtest mir, wie stolz du auf mich bist.
ich war mehr als stolz und verzaubert, als ich deinen ersten öffentlichen solo-auftritt besuchte und entdeckte, daß deine stimme und bühnenpräsenz starqualität hat.
vorher hab ich dich bei den rosa cavalieren im chor hören können, aber das ist nicht zu vergleichen.
dann begann dir die luft knapp zu werden.
irgendetwas stimmte nicht, du hattest blaue lippen, eine wächserne hautfarbe und als du mich besuchen kamst, hatte ich einen tag später eine nachricht von dir auf dem ab, daß du heute in die charité mußt.
ich hatte gerade eine mini-chemo hinter mir, war depressiv und des kämpfens müde, deshalb hattest du mich auch besucht.
und, daher hattest du mir deine beschwerden auch verheimlicht.
2012 also eine operation am offenen herzen, mein bruderherz.
die op gelang, hatte aber nebenwirkungen. dir blieben narben im hirn, leichte lähmungen, ach was soll ich das alles aufführen - es war ein elend.
als du kurz vor der narkose abschied von uns nahmst, stecktest du deinen kopf in meine balkonbrüstung und ich wiegte dich. daran muß ich oft denken, weil wir seit dem wieder eine neue
form der beziehung hatten, mehr miteinander schmusten, uns trauten uns nicht nur zur begrüßung in den arm zu nehmen, und das blieb bis zu deinem ende so.
wir sagten uns oft wie sehr wir uns lieben.
ich bin so glücklich, daß du mich liebtest.
du bist mein herzensbruder, eine große liebe in meinem leben,
für immer deine p.

ps: übrigens, ich renn durch die bude, heule und schrei dir zu, ob du mir nich mal ein sogenanntes zeichen senden könntest.
verdammt, denke ich, das ist doch so üblich in großen liebesgeschichten -
und da fing ein riesenfeuerwerk an den himmel zu erhellen, ein feuerwerk nur in weiss und ewig lang.
danke.

mandelkern

... link (3 Kommentare)   ... comment  (607)


Freitag, 4. März 2016
ruhe sanft, ruhe friedvoll bruderherz
mike lotze
mikesch
1962 - 2016

 
 
es ist nicht begreifbar
ich schreie und ich weine als würde ich doch verstehen
mein herz stolpert
wie gerne bin ich sonst allein
doch jetzt überwältigt mich einsamkeit.
ich liebe dich.

mandelkern

... link (1 Kommentar)   ... comment  (309)


Sonntag, 14. Juni 2015
ich hatte keine ahnung. mehr.
zum 19. jahrestag hin wurde es schlimm, wie seit jahren nicht.
was mich wunderte, wütend machte, zermürbte.
all meine wunden stellen kreischen auf, wie unser chassis auf dem asphalt.
im stundentakt schrecke ich hoch, in dem kleinen moment vor dem tiefschlaf, schwitzend und verängstigt.
tagsüber halte ich meinen schädel, reibe die narbe am hinterkopf, die durch das nach vorne geschleuderte ölbild entstanden ist.
ich schaue mir das an, es hängt über meinem arbeitstisch.
es sieht schön aus.
ich gehe zum spiegel und es schaut nicht schön aus.
sogar ich sehe die furchen und tiefen dieser erfahrung, staune in die schwärze rund um meine augen.
"kannste den tag nich endlich ma feiern?" fragt pa.
er fragt es hilflos und drängend.
nein pa, das kann ich nicht.
ich kann mich freuen, daß es bewölkt ist, nicht den wattewolkenblauen himmel gibt, der mich unweigerlich zurückschnellen läßt.
somit werden die nachbarn heute und morgen kein fleisch grillen, dessen geruch mich an das schnitzel erinnert, das welches ich als letztes mahl zu mir nahm. unter kiefern auf dem rastplatz, bevor wir weiterfuhren und ich einschlief.
um nie wieder im alten leben zu erwachen.
die gypsy kings unplugged und das brummen der spanischen erdbeerlaster als wiegenlied.
träumte ich?
ich weiß es nicht.
schade.
vor drei tagen wurde mir dann nächstens klargemacht, daß ich einiges nicht weiß. nicht mehr weiß.
ich hatte oft geschrieben, oft geredet, dachte über diese stunden hätt ich alles erzählt.
doch dann lag ich in einem bild, einem 3-dimensonalen mit geruch und gefühl, einem bild mit bewegung.
eines das ich nicht kannte, jedoch fühlte, als wahr und wirklich gewesen.
ich flüchtete aus dem bett und hantierte klappernd mit dingen, um mich ins jetzt zu bringen, legte mich dann noch einmal und versuchte ganz vorsichtig daran zu denken.
das "bild" aber ließ adrenalin durch mich schiessen und ich konnte nicht darin liegenbleiben.
daher näherte ich mich dem von einer seite, die nicht so gefühlsbetont ist;
ich wusste nicht, daß ich nicht alles weiß.
amnesie eben.
das ist schon erschreckend genug.
gewisse situationen konnte ich bisher nicht erinnern.
aha.
mit gutem grund.
aber warum verdammt nochmal jetzt - jetzt wo ich stabil bin und es mir ziemlich gut geht?
genau deshalb.
in stabiler lage sagt die seele, oder wer auch auch immer, na, da ist jetzt genug kraft vorhanden, jetzt lassen wir´s mal hochkommen.
ich hatte immer das bild von mir, ich sei durch den aufprall in tausende teile zersplittert.
einige davon sind bis heute nicht am platz, wie puzzleteile, die sich nun einfügen.
damit habe ich nicht gerechnet, wie auch - ich hatte ja keine ahnung.

und die arbeit höret nimmer auf....

mandelkern

... link (0 Kommentare)   ... comment  (489)


Sonntag, 21. September 2014
ach. was für ein leben.
inmitten aller, vorwiegend guten, nachrichten aus meinem vergangen leben traf mich eine in einem nebensatz versteckte, wie eine ohrfeige die einem sofort tränen aus den augen haut.
mein ehemaliger schwiegerpapa ist gestorben.
der erste mensch auf diesem planeten, den ich papa nannte.
das zwar erst nach vielen jahren und kämpfen, dafür aus tiefstem herzen.
bis gestern hatte ich die hoffnung, die sehnsucht ihn wiederzusehen.
letztes jahr im winter fing ich an unruhig zu werden, dachte öfter an ihn, holte die 2,3 fotos die ich noch besitze hervor und im januar war er thema in meiner therapie; ich hatte angst davor, daß er sterben würde, ohne daß ich jemals wieder irgendwie kontakt zu ihm haben könnte.
nun, im januar ist er gestorben.

kennengelernt hatte ich ihn1991, in meiner küche sitzend, barcardy aus einem wasserglas schluckend und hitlers autobahnen lobend. noch unter dem eindruck der brennenden häuser türkischstämmiger landsleute ging ich in position und hielt dagegen. als ich dann meine jüdische vorfahren erwähnte - wurde er plötzlich still.
aus dieser stille heraus wurde ich in den nächsten jahren; zur hochzeit kamen meine schwiegereltern nicht; gesiezt und ignoriert.
mein exmann (a.) erzählte mir viel über seinen vater, über seine probleme mit ihm, aber auch aus dessen kindheit.
geboren im sudetenland, in einer armen bauerfamilie, durfte er nur 4 jahre, und das auch nur sporadisch, zur schule gehen und mußte tägliche mißhandlunger ertragen und die seiner mutter mit ansehen. einmal brach er im winter beim spielen auf einem zugefrorenen see ein und wurde vom vater des nachbarsjungen gerettet. zwischen dem und seinen vater bestand eine fehde und der mann legte das kind in hofeinfahrt und verschwand. der kleine alfred wurde fast zu tode geprügelt, weil er sich vom erzfeind des vaters hat retten lassen.
was für eine logik.
dann wurde der vater eingezogen und fiel kurze zeit später an einer der kriegsfronten.
die mutter mühte sich mit dem hof, aber es herrschte nicht mehr der hausdiktator und so ging es ihnen recht gut.
dann die vertreibung.
alfred war noch ein kind und konnte seine mutter nicht schützen; sie wurde mehrfach vergewaltigt und alle (es gab noch eine kleine schwester) auf der flucht immer wieder angegriffen und verprügelt.
sie wurden nach hessen in ein dorf gebracht, welches sie zutiefst mißtrauisch beäugte und behandelte. aussiedler waren nicht sehr willkommen.
er versuchte sich zu integrieren und wurde kumpel unter tage.
dann verliebte er sich in die schönste vom dorf und sie sich in ihn.
trotz aller widerstände der dörfler, heirateten die beiden. zuerst standesamtlich, um steuerliche vorteile zu erhalten die sonst nicht gewährt worden wären, danach kirchlich. doch, zum ersten kirchgang nach trauung kam es nicht, denn der pfarrer verwies sie vor der gemeinde des hauses, da sie in sünde lebten.
alfred hat nie wieder eine kirche betreten.
sie bauten ein haus, bekamen drei kinder und alfred prügelte ein zwei mal im jahr die mutter, aber erhob niemals, wirklich nicht ein einziges mal, die hand gegen seine kinder.
er trank regelmässig, aber nur wenn er absolut besoffen war, schlug er seine frau.
dann gab es ein grubenunglück und er lag fast 2 tage verschüttet unter tage. er hatte bleibende schäden, konnte nicht mehr weiterarbeiten und wurde frührentner.
damit kam er nicht gut zurecht, er fühlte sich minderwertig.
in sich trug einen enormen haß auf alles slawische, wählte aber (wie ich erst viel später erfuhr) immer die sozialdemokraten.
und eines tages präsentiert ihm sein erstgeborener solch eine schwiegertochter!
meine schwiegermutter arrangierte sich aber mit mir und wir besuchten sie regelmässig.
alfred blieb stur und redete kein wort mit mir; rief ich mal an, legte er wortlos den hörer nieder und holte seine frau.
dann gab es einige dokumentationen über die vertreibungen im tv und ich rief an, ließ über meine schwiegermutter ausrichten wann und wo sie sehen sind und fing an, mich intensiv damit zu beschäftigen. in unserer ehe war es bald ein tägliches thema, denn auch a. wollte seinen vater verstehen und wieder - oder überhaupt mal - frieden mit ihm haben.
ich schickte die ersten bücher darüber zu ihnen, bis mir bewußt wurde, daß alfred ja kaum lesen konnte.
so nahmen wir alles auf, was es darüber zu sehen gab und er nahm wahr, wie interessiert wir kinder an seinem schicksal waren.
ein weihnachten besuchten wir sie wieder und alfred stand, wie immer, die nacht über alleine in der garage und trank.
wir beredeten eine strategie und a. ging zu ihm, trank (ein wenig) mit und bat ihn, mal seine wenigen fotos zu zeigen und dazu was zu erzählen.
das tat alfred auch. gegen morgen kam a.sehr bewegt und berührt zu mir ins bett. soviele worte hatte er noch nie mit seinem vater gesprochen und schon garnicht über diese themen.
die feier am tag darauf verlief wie immer, aber als die gäste die tafel verliessen, orderte alfred 2 kümmel, gab mir ein glas und stieß mit mir an. ich verlor jede angst vor ihm und wußte, nun gehöre ich für ihn zur familie.
am nächsten tag mussten wir wieder nach berlin fahren. zum abschied nahm er mich in seine arme. er fing an zu weinen und drückte mich wortlos, lange und ziemlich fest.
ab da war ich annemariechen und er papa.
-
wie und was er über a.s neue, kasachische frau dachte, habe ich nicht erfahren.
ich habe ihn immer vermißt und viel an ihn gedacht.
da die stimmung gegen mich war; meine schwiegermutter verglich mich mit einer kuh, die, wenn sie nicht trächtig werden kann, ja auch zum schlachter muß; traute ich mich nicht dort anzurufen. ich erfuhr nur auf umwegen, wie es ihm so ging.
gestern dann, daß er tot ist.
-
lebwohl alfred.
wir haben es beide geschafft über unsere schatten zu springen.

mandelkern

... link (2 Kommentare)   ... comment  (652)


Samstag, 10. Mai 2014
so ist es gut.
ich träumte so schön über ein rapsfeld zu gehen gar zu schweben mein füsse berührten nur die spitzen der blüten
das gelb war hart und fing mich
dann stand ich an der ampel ein bus kippte zur seite schleuderte quer auf mich zu
das kleine mädchen vor mir riss ich zurück
ihm dadurch aber beide beine bis zu den knien ab.
sie starb in meinen armen, verblutete und ich flüsterte ihren namen fing dann an zu schreien - warum nicht ich? warum nur?
das kind war ich und ich war ich.

ja, der unfalljahrestag rückt näher.
gestern fragte mich jemand,( nachdem ich erklärte, daß ich auch nicht fliegen kann), warum man "das" nicht wegmachen kann; "das" ist die frischheit der erinnerung.
ich schlief und war so vertrauensvoll, ich fühlte mich sicher und geborgen.
durch den zusammenstoß wurde mein körper zwar geweckt, aber ich hatte keine zeit zu erwachen.
alles was passierte ging ungehindert ungefiltert ungeschützt direkt in mein stammhirn.
ich blieb danach noch viele jahre in dem schlafenden zustand.
inzwischen kann ich damit leben und bin meistens wach, doch in diese tiefe meines hirnes kann ich nicht dringen, um daran zu arbeiten.
so gerne ich das auch möchte.
daher ist es so wie-eben-passiert und deshalb kann ich weite strecken nicht mehr reisen.
angst haben viele menschen, aber sie können sie erfogreich verdrängen.
ich nicht.

ich weiß was ich alles versäume, verpasse, was ich nicht zu sehen bekomme, was ich nicht riechen, fühlen und schmecken kann.
fremde sprachen, die mich ja faszinieren, werden von mir ungehört erklingen.
es wird ohne mich an einer, an jeglicher küste geschnorchelt werden.
niemals werde ich den riesigen mond in asien bestaunen... und so weiter und so vieles .
wenn ich merke, daß es zeit wird, wenn ich weiß ich werde sterben, dann mache ich mich noch einmal auf den weg und werde reisen.
(sollte es mir vorher bewußt sein, vorausgesetzt natürlich)
ich möchte sehr gerne im okavangodelta sterben, denn dort komme ich her.
es ist alles geplant, finanziert und gut durchdacht von mir, aber das ist noch nicht aktuell.

dieses jahr ist ein neues gefühl hinzugekommen.
das wissen was mir entgeht, meine eingeschränktheit und die begrenzung meiner aktivitäten,
-
das ist alles nichts gegen das wohlgefühl.
zum ersten mal fühle ich mich nicht nur als überlebende, als davongekommene.
nein!
ich bin da ich bin wach ich bin manchmal ganz ich und ich bin alles ganz gerne.
ich lebe!
an einen ort gebunden, aber das ist mir egal.

mandelkern

... link (5 Kommentare)   ... comment  (562)


Samstag, 12. April 2014
mein
wie an vielen tagen
wieder kreischend
auf asphalt geriebene haut
kälte für das knochenmark
das ticken
bis mein hirn zerstaubt
angst vor dem zuckerguß
allein marschieren
immer
in die gleiche richtung
mit vielen unbekannten
ein starkes leuchten
macht mir mut
im dunklen
dann in sonnenhelligkeit
zum sterben legen
aber doch das leben küssen
über mir
drehen sich die engel
nach dem weckerklingeln
nochmal rum
zu müde
und schon leicht sauer
ich mache ihnen viel arbeit
sie lassen mich sein
damit ich entscheide
denn
keine gnade ist unendlich
fleischfarbene eventualitäten
treiben nicht voran
nicht zurück
langweilen uns
mich und meine narben
suche nach kunstlicht
dort schmeicheln alle kontakte
und die noten
garnieren und verzieren
gesalzene lider

das ist mein
das bin ich
egal wo der lippenstift sitzt
la clowneska mein rufname nummero xxx
alle haben
schon lange vor mir
gegen das grau gekämpft

ich zittere so sehr in der sonne
kann nicht flüchten
wer kann das besser verstehen
als die
die mit mir am wolkenfreien tag
die fahrt unwiderruflich begann
ich fahre jetzt
achtzehn lange jahre
jedes jahr blutroter
macht achtzehn lippenstifte
am ende.

mandelkern

... link (1 Kommentar)   ... comment  (528)


Online seit 5764 Tagen
Letzte Aktualisierung: 2024.07.27, 13:34
status
Menu
post
achannemarieatgmx.de
Letzte Änderungen

by sid (2024.07.27, 13:34)
trauer
das finale bild und gefühl zu meinem vater ist...
by ach annemarie (2024.07.24, 19:03)
herzlichen dank. in all...
herzlichen dank. in all dem streß wegen meines...
by ach annemarie (2024.06.16, 09:48)
danke sid. ich brauche...
danke sid. ich brauche noch einige zeit....
by ach annemarie (2024.06.16, 09:43)
vielen dank.
vielen dank.
by ach annemarie (2024.06.16, 09:42)

xml version of this page

made with antville