annemarie
Dienstag, 16. Juli 2019
R.I.P
eben erreicht mich die nachricht daß
 
 
richard gleim, ar/gee gleim
 
 
in der vergangenen nacht gestorben ist.
einer der bedeutendsten fotographen, ein künstler, ein archivar der vergänglichkeiten.
ich habe ihn kennengelernt und bis auf seine abscheu vor berlin (er war düsseldorfer mit leib und seele), war es gut mit uns.
er wird fehlen, sein "blick" wird fehlen.
eines der schönsten fotos von mir stammt von ihm:
 
 
 
foto ar/gee gleim / rastplatz düsseldorf / 1980

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Montag, 15. Juli 2019
ich bin gespannt
mein haus fängt an sich aufzulösen.
also nicht mein eigenes körperliches, obwohl sich das hemmungslos weiter
dem altern hingibt.
nein, ein oberlicht (ich wohne unter dem dach) hat beim öffnen das
mauerwerk mit nach unten gezogen.
die ziegelsteine sind zerborsten, risse laufen von 7m deckenhöhe bis zum boden.
wir sind von aussen gedämmt und der flur kann auch nicht atmen.
seit einger zeit riecht es im hausflur mehr nach keller, als im keller.
feucht und moderig.
komisch ist, daß ich es gelassen nehme;
fällt es zusammen, falle ich eben mit.
der traue ich sehr, der gelassenheit.
seit vielen tagen sitze ich in freien minuten am bildschirm und lösche.
nachdem ich analoges bildmaterial schon entsorgt hatte und kaum noch fotos besitze,
sind nun 1000e digitale bilder an der reihe.
das meiste aus den nachlässen meiner jungs.
bruderherz war sehr fotogen und von ihm gibt es enorm viele bilder, o. war geizig
und aus den letzten jahren habe ich nur ein paar beinfotos von uns.
ja, beine und füße.
warum weiß ich nicht.
o. hatte gestern geburtstag, den ersten nach seinem tod.
und ich weinte und ich löschte und bin danach ganz ruhig ins bett gegangen.
was soll ich auch mit seinen schönen beinen, wenn seine stimme mich so oft
besucht.
das ist viel inniger.
von hagen, von axl, von holger und von zzup suche ich genauestens aus, die
nächsten tage werde ich das alles ausdrucken.
bei mike, also bruderherz, ist das schwieriger.
er hat in bestimmten lebensabschnitten ganze serien machen lassen, zum beispiel
eine als panzerknacker verkleidet.
allein das sind an die 100 fotos.
beim anschauen muß ich öfter aufstehen und weggehen, irgendwo anders
die gelassenheit suchen.
finde ich sie, mache ich weiter; aussuchen und den rest löschen.
diese auswahl werde ich auch ausdrucken und seiner ma und seinen schwestern schicken.
neulich hatte ich ja schon nippes, briefe, andenken und all solchen kram weggeschmissen.
säckeweise, kistenweise.
vielleicht ist meine wohnung nun leicht und wird schweben, sollte mehr mauerwerk
nachgeben.

momente

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Sonntag, 23. Juni 2019
was 'ne woche....
wie nahe sich leben und sterben doch sind.

einige tage lang hatten wir freunde für ein kleines neues leben mitgezittert,
es wollte viel viel früher raus aus dem mutterleib.
es hat es geschafft und ich hab mich auf den ersten blick verliebt.

an dem tag, als es die blase sprengte, kam pa in die klinik.
an dem tag, als er sich wieder entließ,
verließ auch das kleine seine brutstätte.

beide leben.

in diesen tagen kam lady h. die ich betreut hatte, in eine demenz-wg und
wird dort bleiben.
hört sich einfach an, war aber anstrengend.
auch hatte ein freund am freitag uniprüfung und ich gab per telefon "geburtshilfe", da er völlig
überfordert nicht mehr geradeaus schauen konnte.
pa kann auch fast nichts mehr sehen.
das heißt, ich werde mir nun vieles überlegen und für ihn und ma organisieren müssen.

gestern schlief ich 4 stunden am stück.
mal.

momente

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Samstag, 15. Juni 2019
schongang, ohne schleudern. (eigentlich)
eigentlich wollte ich heute früh zur neueröffneten französichen bäckerei laufen.
kleine eclair zum frühstück...hmmmm
oder der blechkuchen, der hält sich auch bis morgen frisch.
dann fiel mein blick auf den küchenwecker.
die datumsanzeige blinkte.
15.06.
23 jahre und ich bin einerseits erschrocken, andererseits hätte ich es fast vergessen.
um fast genau diese zeit fuhr ich los, in meine dunkelsten stunden.
in eine anderes leben, wobei die ersten 7,5 jahre reines überleben waren.
nein, ich mag kein französisches wort heute hören oder sehen.
eigentlich habe ich frieden in mir, nur dieser eine tag ist einer ohne haut.

vor zwei wochen bekam ich hohes fieber und stieg auf die leiter.
eigentlich wollte ich nur-mal-gucken.
daraus entwickelte sich eine orgie;
durch meine hände glitten fotos, briefe, tagebücher und nippes
in viele müllbeutel hinein.
jetzt besitze ich nur noch 2 fotoalben, eines von meiner omi, aus dem jahr 1929
eines mit den von mir geduldeten erinnerungen an mein leben.
nippes....alles weg....auch der ersatzschlüssel von dem golf europe,
der mir heute vor 23 jahren das leben rettete.
noch vor wenig zeit hätte ich nicht gedacht, daß ich auch den mit wonne in die tonne
werfen kann.
vielleicht geht es mir deshalb heute so, so empfindlich und traurig.
aber eigentlich bin ich sehr zufrieden.
gehe ich, muß niemand sich durch berge wühlen, aussortieren und schmerzerfüllt kram
entsorgen.
ich habe das ja in den letzten jahren einige male tun müssen.
sowieso, ich bin ja die letzte in meiner familie, väterlicherseits;
aber mütterlicherseits gab es niemals irgendeinen kontakt mit denen die da noch sind.

eigentlich hatte ich ein volles programm für heute,
aber die alten brüche und narben schmerzen.
(dieses körpergedächtnis ist ein schuft)
so verbleibe ich ruhig und warte auf das gewitter.
darüber freue ich mich, einen blauen himmel mit wattewölkchen hätte ich verflucht.
dieser tag bleibt ein zäsur und ist zum glück ein bißchen anders.
jedenfalls da draussen.

mandelkern

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Freitag, 17. Mai 2019
es begann am frühen dienstagabend.
der weg zu den "marktschwärmern" ging durch den alten kiez in schöneberg.
da lebte ich seit den 80er jahren, war aber weit vorher in dortigen lokalitäten
unterwegs gewesen.
ich kam nicht vorwärts und erkannte wenig wieder.
die touristen liefen mehrreihig auf dem schmalen bügersteig, blieben oft
unvermittelt stehen. sie hatten die qual sich aus dem unendlich wirkenden
angebot von bars, imbissen, schokiläden, falaffelbuden, asiatischen restaurants, indischen restaurants, italenischen restaurants, ...., schmuckläden und
modegeschäften, etwas herauszusuchen.
alles was ich kannte gab es nicht mehr, sogar der müde dharma-buchladen war geschlossen.
einen bekannten blumenladen fand ich, ging hinein und ging wieder hinaus.
eine einzelne christrose ab fünf euro.
als normale haushaltseinkäuferin war ich sehr fehl am platz.

an der ehemaligen lieblingskreuzung akazien-/grunewaldt-/goltzstraße
musste ich tief durchatmen.
mein altes haus leuchtete rot, im hausflur hingen kronleuchter.
ich war dort lange hausmeisterin gewesen.
am klingelbrett standen noch 2 mir bekannte mieter. immerhin.
ausser dem copyshop ecke grunewaldtstraße gab es nur noch den teeladen in der
goltzstraße. ach, und die fachhochschule für erzieher, die war auch weiter in betrieb.
sonst nichts mehr, alles war mir fremd.
vor dem roten haus stand ich und rauchte eine, drehte mich mal zum copyshop und
dachte an o., dann erinnerte ich mich an a., mit dem ich viele jahre hier lebte.
ein halber dreher und ich schaute auf die fenster von bruderherzens wohnung,
genau gegenüber.
mit ihm hätte ich wunderbar tratschen können, über die großen veränderungen hier.

die akzien-, grunewaldt- und goltzstraße sind eine freßmeile geworden.
und trinkhalle ohne dach.
und ankleidekabine ohne diskretion.
die anwohner (ich sah etliche aus den großen toreinfahrten herauskommen,
da ich nur langsam voran kam) sprachen definitiv kein berlinerisch und fuhren mit
ihren rädern, meist mit überdachtem kinderliegeanhänger daran, seelenruhig auf dem
bevölkerten bürgersteig.
und das, obwohl die straßen alle asphaltiert sind, auch angenehm autoleer.
sie klingeln gerne, damit man platz macht. irgendwann ging ich dann auf der fahrbahn
und war sehr müde, als ich in der barbarossastraße ankam.
im kopf ging ich den stadtplan durch, suchte mir für den nächsten verkauf eine
ganz andere anfahrt aus.

mir ist klar, daß sich alles stetig verändert und mir ist auch bewußt, daß ich als autistin
veränderungen nicht gut vertrage.
doch diese konzentration von teurem konsum auf insgesamt ca. 2km länge macht mich traurig.
das erinnert mich an die oranienstraße in kreuzberg, dort aber halten doch noch
einige alteingessene tapfer durch.
ja sicher war ich auch traurig wegen der verknüpfungen mit geliebten menschen. dort.
die nicht mehr bei mir sind.
abends lag ich lange wach und dachte an meine omi.
wie sie sich, in ihren 90er lebensjahren, aus allem langsam zurück zog.
ich habe das gefühl, mir geht es jetzt auch so.

in berlin

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Samstag, 27. April 2019
mein ziel, an einem ganz normalen tag.
vor mir läuft ein schmaler, grauhaariger,
sein nacken steigt sehnig aus dem hemd und ich möchte ihn umarmen
und in bruderherz verwandeln
inmitten der masse laufe ich ihm hinterher
trauer haut mir
eine rechts eine links
die masse schiebt mich weiter.
endstation, ich entkomme ihr.
mein mobil klingelt, ich gehe nicht ran. es könnte o. sein, ich habe seine stimme im ohr.
aber er ist tot.
er kann es nicht sein.
also gehe ich nicht ran.
zuhause liegt vor der wohnungstür das osterrätsel der zeitung, arg verspätet.
sie ist ziemlich dement geworden, mein nachbarin.
das rätsel schiebe ich unter's kleine katzenklo, falls er wieder daneben pinkelt.
ohne zzup löse ich keines mehr.
ich schaue auf sein foto, er steht an einem bootssteg und lacht.
daneben hängt o., auf einem bootssteg, er lacht nicht.
umgedreht schaut mich axl an. sehr ernst.
ich drehe und drehe mich
möchte hinaus.
noch kurz bevor diese woge verebbt denke ich an die liebe.
ich kann nicht anders
weglaufen, wegdenken, wegfühlen geht nicht.
was für ein glückspilz ich bin.
ich habe geliebt und tu es noch;
ohne wenn ohne aber ohne trotzdem.
und will stürzen, fallen in das in dem sie alle sind:

und dann werde ich mir sagen können
daß ich alles verlebt habe
ohne zu hassen
ohne zu verbittern
ohne hart zu sein und zu brechen
nicht mich niemand anderen
nur
liebe.

wenn mein leben mich wieder auf den bauch geworfen und
über den asphalt ziehen will,
laufe ich eben auf dem kopfsteinpflaster weiter.

mandelkern

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Dienstag, 19. März 2019
gestern habe ich gelogen
und es fiel mir sehr leicht.
ich kann perfekt lügen, muß es dann aber sofort sagen.
das ist meine veranlagung.
nu, jedenfalls mußte ich einen digitalen radiokabelreceiver besorgen,
da hier bald alles abgestellt wird was nicht digital sondern analog ist.
nach der arbeit bin ich zielstrebig in einen technikmarkt, griff mir
meinen lieblingsverkäufer, schwatzte eine weile mit ihm und er riet mir
zu etwas, was ich vorher auch recherchiert hatte.
auf ihn kann ich mich immer verlassen.
da er mich zum ersten mal umarmte, ich mir das gerne gefallen ließ und
zurück umarmte ging ich wohl ziemlich strahlend durch die gänge,
richtung kassen.
ein mensch fischte meinen blick und fragte was, ich verstand nicht, fragte
was er fragte. obwohl ich erkennbar nicht zum verkaufspersonal gehörte.
wir standen bei den saftpressen und ich konnte nicht umhin ihm zu einer
analogen zu raten. wieviele orangen er denn pro tag ausdrücken müsse?
vier.
hm, dazu braucht es keinen strom. meiner meinung nach.
da er immer verzweifelter schaute unterbrach ich meinen energiesparvortrag
und ließ ihn zu wort kommen.
er wolle mit mir einen kaffee trinken.
a-ha.
ein mann, nicht leicht bestimmbar in welchem alter, aber einiges jünger als ich.
sehr gutaussehend, fein und individuell gekleidet.
lächelnd?
(letzteres kann ich bei fremden nicht von zähneblecken unterscheiden.)
ich sagte ich wäre eine alte frau und log in seine erwiderung hinein, daß ich 68 jahre alt sei.
(sogar ich konnte beim wegdrehen und gehen erkennen, daß er schockiert war.)
im grunde rannte ich fort, um zu verhindern diese lüge aufklären zu müssen.
gut, meine haare locken sich inzwischen den rücken hinunter, aber sie sind weiß!
mein gesicht ist voller furchen, falten und knitter.
kreuz und auch quer.
an der kasse fragte ich mich, was zum henker wollte der von mir?
mit guter laune fuhr ich nachhause, nicht weil ich so etwas als kompliment oder
ähnliches empfinde.
nein, ich hatte gelogen und es blieb dabei.
seit ich nichts mehr vom anderen geschlecht will, egal in welcher beziehung, musste ich,
höflich wie ich bin, mich einiger agressionen bei einem klarem "nein." erwehren.
da war dann hinterher nix mit guter laune.

zuhause fiel die laune doch in sich zusammen.
r. ist gestorben.
sanft, friedlich, nicht alleine.
sie wurde (fast) 98 jahre.
kennengelernt hatte ich sie ende 70er jahre, intensiven kontakt hatten wir seit dem letztem
jahr.
ein kämpferin, eine tänzerin, eine politikerin, eine kreative, eine bewußt-lebende, eine mutter.
eine starke und tolle frau.
früher hatte ich so großen respekt vor ihr, daß es an angst erinnerte; die zeit der letzten
monate war jedoch innig und mit zartem gefüllt.
von uns beiden.
dankbar bin ich dafür und froh um ihr ruhiges sterben.

funkel

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Samstag, 2. März 2019
einen satz in die unschuld und noch einen.
unter dem skelett des kreisel lege ich den kopf in den nacken,
(ob aus instikt oder habe ich es gehört?)
und sehe eine formation störche weit oben doch nahe beieinander
und den einem moment ziehe ich mit und denke an meine fruchtbarkeit,
die ich nie hatte,
und doch weiß ich was preßwehen sind, an denen andere schmutziges geld verdienten,
und doch wurde ich schwanger,
ganz früh von axl, der nie hätte befruchten dürfen,
nachdem ihm durch metalllene stollen seine hoden zerstört wurden,
er entschied daß keines geboren werden sollte,
bereute 30 jahre später zutiefst und ich wurde in den
folgenden jahren weiter schwanger und
verlor.

2013 dann wurden mir die so fruchtbaren teile entnommen, einiges neu
konstruiert und ich bleibe bis heute jungfräulich,
obwohl ich seitdem bilder, worte und gelassenheit gebar.

mandelkern

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Samstag, 16. Februar 2019
adieu -
Bruno Ganz
1941 - 2019

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Sonntag, 3. Februar 2019
vieles ist weitaus wichtiger,
aber ich bin ganz zufrieden, daß ich nun auch 58 jahre
gelebt habe.
in den letzten wochen wurde ersichtlich, daß ich in einer ruine lebe.
mein versprechen jedoch, welches ich meinem körper
gegeben habe, das halte ich.
keine weiteren ops mehr, keine künstlichen gelenke.
das schaffe ich auch noch.

und nun bitte - schnee!

funkel

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