annemarie
Freitag, 17. Juli 2015
jeden freitag erwache ich und denke zuerst daran:
es ist wieder freitag und ich habe angst, daß raif badawi seiner todesstrafe wieder unterzogen wird.

es ist eine todesstrafe, die in raten vollzogen wird.
dafür, daß er gebloggt hat.
er steht für mich stellvertretend für alle, die unfrei leben müssen, bestraft werden, weil sie etwas "sagen", so auch sein anwalt, der im gefängnis ist, weil er ihn verteidigt hatte.

ich wäre - für das, was hier von mir gegeben habe - schon längst geschlagen, ausgepeitscht, gesteinigt worden.

raif badawi ist ein teil meines lebens geworden, nicht nur freitags;
da aber ganz besonders.

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Freitag, 19. Juni 2015
man-man-man
obwohl sich in meinem portemonnai nur müde furzende centstücke befanden wollte ich mir gestern den ersten celan kaufen.
in der friedenauer buchhandlung, die ich noch nie besucht hatte; ein nachbargeschäft des meinen.
hineinspaziert und meinen wunsch gesagt, bekam ich ein o-lalá zur antwort.
herr buchhändler setzte sich an seinen pc und suchte; ich hatte gesagt, daß ich in das werk von celan "mal reinschnuppern" wollte, es täte aber auch für den anfang eine biographie.
er suchte, schaute auf und fragt ob ich den namen buchstabieren könnte.
ich war durch diese frage einem synapsengewitter ausgeliefert - so daß mir nicht gleich die buchstabenfolge einfiel und ich tatsächlich unsicher war, ob er auf die art geschrieben wird.
wie kann ein buchhändler nicht wissen wer paul celan ist??
c-e-l-a-n ähh paul mit vornamen sagte ich und sah, daß nun dem herrn buchhändler ein solches, wie mein vorheriges gewitter hinter der stirn tobte.
sie meinten nicht percy sledge?
nein, ich sagte paul celan.
percy sledge kam mir bekannt vor, während ich grübelte wer das ist lief herr b. ziemlich rot an.
wer ist percy sledge? fragte ich
weiß ich nicht, deshalb habe ich ja gesucht, sagte herr b.
schöner name für einen autor, aber den will ich nicht -
den gibt es auch nicht -
doch den gibt es -
aber nicht in meinem verzeichnis -
ich will paul celan!
bekam ich und einen neuen kunden für einen hörtest.

percy sledge ist auch klar; gehört aber in die reihe musik.

in berlin

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Sonntag, 14. Juni 2015
ich hatte keine ahnung. mehr.
zum 19. jahrestag hin wurde es schlimm, wie seit jahren nicht.
was mich wunderte, wütend machte, zermürbte.
all meine wunden stellen kreischen auf, wie unser chassis auf dem asphalt.
im stundentakt schrecke ich hoch, in dem kleinen moment vor dem tiefschlaf, schwitzend und verängstigt.
tagsüber halte ich meinen schädel, reibe die narbe am hinterkopf, die durch das nach vorne geschleuderte ölbild entstanden ist.
ich schaue mir das an, es hängt über meinem arbeitstisch.
es sieht schön aus.
ich gehe zum spiegel und es schaut nicht schön aus.
sogar ich sehe die furchen und tiefen dieser erfahrung, staune in die schwärze rund um meine augen.
"kannste den tag nich endlich ma feiern?" fragt pa.
er fragt es hilflos und drängend.
nein pa, das kann ich nicht.
ich kann mich freuen, daß es bewölkt ist, nicht den wattewolkenblauen himmel gibt, der mich unweigerlich zurückschnellen läßt.
somit werden die nachbarn heute und morgen kein fleisch grillen, dessen geruch mich an das schnitzel erinnert, das welches ich als letztes mahl zu mir nahm. unter kiefern auf dem rastplatz, bevor wir weiterfuhren und ich einschlief.
um nie wieder im alten leben zu erwachen.
die gypsy kings unplugged und das brummen der spanischen erdbeerlaster als wiegenlied.
träumte ich?
ich weiß es nicht.
schade.
vor drei tagen wurde mir dann nächstens klargemacht, daß ich einiges nicht weiß. nicht mehr weiß.
ich hatte oft geschrieben, oft geredet, dachte über diese stunden hätt ich alles erzählt.
doch dann lag ich in einem bild, einem 3-dimensonalen mit geruch und gefühl, einem bild mit bewegung.
eines das ich nicht kannte, jedoch fühlte, als wahr und wirklich gewesen.
ich flüchtete aus dem bett und hantierte klappernd mit dingen, um mich ins jetzt zu bringen, legte mich dann noch einmal und versuchte ganz vorsichtig daran zu denken.
das "bild" aber ließ adrenalin durch mich schiessen und ich konnte nicht darin liegenbleiben.
daher näherte ich mich dem von einer seite, die nicht so gefühlsbetont ist;
ich wusste nicht, daß ich nicht alles weiß.
amnesie eben.
das ist schon erschreckend genug.
gewisse situationen konnte ich bisher nicht erinnern.
aha.
mit gutem grund.
aber warum verdammt nochmal jetzt - jetzt wo ich stabil bin und es mir ziemlich gut geht?
genau deshalb.
in stabiler lage sagt die seele, oder wer auch auch immer, na, da ist jetzt genug kraft vorhanden, jetzt lassen wir´s mal hochkommen.
ich hatte immer das bild von mir, ich sei durch den aufprall in tausende teile zersplittert.
einige davon sind bis heute nicht am platz, wie puzzleteile, die sich nun einfügen.
damit habe ich nicht gerechnet, wie auch - ich hatte ja keine ahnung.

und die arbeit höret nimmer auf....

mandelkern

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Montag, 25. Mai 2015
das buch von raif badawi ist jetzt auch -
als hörbuch erhältlich!
es hat den gleichen preis wie die gebundene ausgabe; alle einnahmen gehen an ensaf haidar, seine frau.
herausgeber ist der hörverlag/randomhouse
der sprecher ist steffen groth

abgesehen von der so bitter nötigen finanziellen unterstützung, es ist hörens- und lesenswert!

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Donnerstag, 7. Mai 2015
...was ich so gemacht habe die letzte zeit:
aus den einzelteilen (die ich nur zum teil und unscharf mit auf das bild gebracht habe, wegen nachahmung),
meine indivuellen einwege-hifi-im-ohr-lautsprecher gebaut:
 
 

funkel

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Sonntag, 5. April 2015
eine empfehlung:
drei stück habe ich gekauft und hätte ich mehr geld zur verfügung, wären es mindestens 10 stück geworden:
das non-profit-buch aus dem ullsteinverlag
 
1000 peitschenhiebe
weil ich sage, was ich denke
von raif badawi
(herausgeber ist peter schreiber)
 

der erlös geht zu 100% an seine frau und kinder, die somit überleben und natürlich ihn besser unterstützen können.
ich habe es verschlungen, dies schmale bändchen und mir gewünscht, mehr von ihm zu lesen.
humorvoll, tapfer und klarsichtig sind sein blogposts und der brief aus dem gefängnis hat mich sehr berührt.
für 5€ pro buch könnte man damit ein wenig um sich werfen; ein hervorragendes geschenk....
finde ich.

funkel

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Mittwoch, 1. April 2015
und in mir donnerte es und mein wille gebar einen wunsch.
ich werde alt.
nicht daß das daran festzumachen wäre, daß ich komischer werde.
nein, im gegenteil.
je älter ich werde, desto mehr entarne ich mich.
je mehr schichten von antrainiertem wegfallen, desto klarer und frischer schippert die fregatte durchs leben.
ich fühle mich wunderbar.
morgen ist wieder welttag des autismus und arte brachte gestern abend einen sehr intensiven und aufschlußreichen film dazu.
eine kurze randbemerkung des französischen autors, philosophen und asperger
josef schovanec verband augenblicklich meine fortdauernde freude mit einer frage.
was passiert in zukunft mit alten autisten?
wohin können sie gehen?
was geschah bisher mit pflegebedürftigen autisten?
ich vermute die pharmaindustrie verdiente und verdient gut an ihnen.
ruhigstellen und "abschiessen", wie es so in pflegekreisen heißt.

da schon der einstieg ins leben, als aspergerin die erst mit 49 jahren diagnostiziert worden ist, mühsam war, sollte ich mir langsam gedanken machen, was aus mir wird.
ich will nicht wiedererleben, was kindergarten und schule anrichteten.
ich will etwas tun; ich will eine altersgerechte versorgung für menschen wie mich.
so wie es inzwischen pflege für türkischstämmige pensionistats oder wgs für demente und/oder alzheimer erkrankte gibt, so sollte es auch etwas für autisten geben.
eine diskussion anstossen, mich vernetzen, politiker nerven....ach, mir fällt eine menge ein.
wenn ich erst einmal sehr sehr alt bin - wer weiß, ob ich mich noch verständlich oder gar wehren kann?

asperger

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Dienstag, 24. März 2015
keinerlei ach! wie schön das ist.
lustvoll den vormittag verlötet und wie immer glücklich aus dem geschäft gegangen.
nach nunmehr 3 monaten weiterhin durchgehend froh.
befürchtet hatte ich, gestern die contenance zu verlieren, doch ich vergaß.
auf allen vieren und hintern in die höh suchte ich frische frequenzweichen die mir aus dem schuber sprangen, teilte dem chef und mir einen johannisbeerkopenhagener zu, imitierte eine hohe frauenstimme, sortierte papierberge nebenher.
nahm eine weitere stunde schwimmunterricht, fuhr nach hause und wärmte die freundschaftlichste hühnerbrühe des jahres auf.
geborgenheit, kurz gestreift von einem hauch melancholie.
nur kurz, mehr war nicht.
abends kam die stille, da wartete ich - nach 10 minuten hörte ich auf zu warten.
und begang nicht den 9. jahrestag der trennung.

myself in some words

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Samstag, 21. März 2015
neu. zum alt-
mein blick hängt an den möbeln, schwer liegen sie mir um den hals wie ein kragen, zu eng zu massiv.
fieber habe ich, bin aber nüchtern und seit tagen allein.
in gedanken räume ich die wohnung aus, entleere und zerschlage.
damit mir keiner kommen muß und heben, damit mein blick durch all das was nicht ist gehen mag.
freiheit.
vom körper, von verantwortung.
nur ich, das fiebrige und das schwere, das gewesene und eng wird der hals wieder, wenn ich versuche zu rechnen.
ein paar jahre noch, dann läßt sie mich schweben, vielleicht fort vielleicht hinaus.
herr katz, inzwischen silbern und auch müde, ist dann schon weit voraus.
meine linke hand ist kalt, ich lege die finger um die kehle und fange die kühle auf.
ich möchte zudrücken, aber so geht das nicht.
ich muß noch warten.

im altern

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Donnerstag, 12. März 2015
ein kleines wunder
sozusagen habe ich nicht mehr zu sagen
und doch
ich schreibe mir die sehnsucht aus dem körper
und doch
ich liege wie im sprung
gespannt gebogen erstarrt
sehe hinter geschlossenen lidern petrolblaue blüten
und doch
zerfasern sie nach all dem denken
und doch
blühen sie auf ein neues
in ein neues denken mitten hinein
verweilen und bedecken mich bis ich schlafe.

funkel

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