annemarie
Sonntag, 15. Dezember 2019
immernoch eigentlich
eigentlich wollte ich kein resümmè des jahres schreiben.
aber da pa heute doch nicht ins klinikum gehen wird habe ich auf einmal zeit.

# im januar verteilte sich meine wenigkeit zwischen der betreuung von r.,
dem begleiten von pa, dem absolvieren von physiotherapie für mein
lädiertes knie, dem geschäft und etlichen tierärztlichen begebenheiten.

# der februar stellte sich auch so an, hinzu kam mehr betreung von lady h.

# im märz starb r. und den rest im kalender kann ich nicht lesen,
weil er so voll geschrieben ist.

# der april hatte eine beerdigung intus, einen sehr kranken kater;
das reichte. lady h. wurde merkwürdig, dann im

# mai, er kannten wir, daß sie äusserst schnell dement wird.
was mehr an betreuung durch mich brauchte, zu all dem, was schon im januar
beschrieben ist.
immerhin brachte mir der weltbeste chef ein fabulöses ergometer.
aus versicherungstechnischen gründen, darf ich offiziell nicht mehr in der
werkstatt arbeiten, dafür übernahm ich freudig die buchhaltung.

# im juni wurde ich krank und zwar im urlaub.
kaum verließ ich das bett, haute lady h. ab und wurde trotz polizeieinsatz
erst in der nacht wiedergefunden.
wenige tage später haben wir sie in einer tollen dementen-wg untergebracht.
pa hatte einen heftigen schlaganfall; die folgen werden mich so lang er leben wird, "beschäftigen".

# der juli ließ mich nicht tiefer durchatmen, nicht nur wegen der hitze.
da ich das bewässern unserer grünflächen für eine zeit übernahm, lernte ich den garten
vollständig kennen.
sozusagen für stunden mein urlaub.

# im august wurde herr katz wieder malade.
ich war sehr besorgt.
auch um die gesundheit von bruderherz.
da musste sehr schnell einiges organisiert werden.
sonst weiter überfüllung im kalender.

# der september haute mich nochmal um, aber

# im oktober hatte ich tatsächlich eine gesunde freie woche.
die saison der messen begann, somit stand ich viel im geschäft bis

# in den november hinein.
herr katz läuft wieder wohlauf um mich herum, die ziehtochter hatte erfolgreich ihre
abschlußprüfung, die wohnung wurde stück für stück renoviert, was

# jetzt im dezember auf seinen höhepunkt zusteuert.
pa geht wieder schlecht, chef braucht urlaub, damit er nicht umkippt und
ich, ich bin sehr müde.
jedoch -
meine 23jährige traumatherapie habe ich dies jahr beendet und insgesamt bin ich zufrieden und glücklich.

glück und zufriedenheit wünsche ich euch allen.
von herzen.

funkel

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Samstag, 9. November 2019
waschtag.
zuerst habe ich all meine regen/sonnenschirme gewaschen -
und dann habe ich es gestern geschafft .
alle nummern, mailadressen und sonstige spuren von ihnen habe ich endlich
gelöscht.
das war einfacher als ich mir vorgestellt hatte,
nach drei jahren; bis auf zzup und o. nach nur einem jahr.

die letzten reste von axls nachlaß sind gesichtet und sind unterwegs zu einem "behüter".
es sind besondere fotos, einige wenige aus der zeit kurz vor dem mauerbau und viele aus einer
studienarbeit, zum 20. jahrestag des mauerbaus.
axl fuhr damals die gesamte berliner mauer mit dem fahrrad ab und fotographierte sie.
wunderbare bilder, er hatte als filmemacher ein so gutes auge.
daß sie nun bei j. bleiben können; es sind ja historische zeitdokumente; macht mich
richtig froh.

jetzt sitze ich inmitten aufgespannter schirme und geniesse meine 2 freien tage.
denke an den tag vor 30 jahren und an den als die progromnacht stattfand.
innerlich bin ich wie "auf dem sprung"; die letzten monate waren anstrengend und haben
mich viel kraft gekostet. beim bauchkraulen von herrn katz bin ich meist eingeschlafen,
das gefiel ihm ebensowenig wie die schirme hier.
immerhin hat er endlich zugenommen.
das was ich abgenommen habe.
er heißt jetzt herr mops und wird auf diät gesetzt.
draussen leuchten die gelben blätter vom kirschbaum, von den birken und eichen;
ich leuchte innerlich mit.
trotz der wehmut, es ist nur eine kleine, die sich um meinen magen schmiegt.
so klein wie ma+pa geworden sind.
beide sind gebeugt und schnell müde; vor allem pa macht mir etwas sorgen.
sie essen nur noch vogelportionen und ma nicht mal das.
immer läßt sie etwas liegen....dabei ist sie körperlich nur noch ein hauch.
jedesmal wenn ich fortgehe, verabschiede ich mich innig und fahre mit glück davon.
das glück ist größer als die wehmut; das glück ist eines, welches nur wenige menschen
haben.
nach einem großwerden mit kälte, prügel, hunger und dem vergeblichen versuch sie
lieben zu dürfen, von ihnen geliebt zu werden - ist das eine vergangenheit geworden,
die mich heute nicht mehr emotional berührt.
wir sind entspannt miteinander, ehrlich und aufrichtig.
ich tu was ich tun kann, um ihren alltag zu erleichtern;
sie bekochen mich mit meinen lieblingsgerichten.
ich verbringe zeit mit pa allein (sie wohnen getrennt, in nebeneinanderliegenden wohnungen),
ich verbringe zeit mit ma allein. aber wir essen immer gemeinsam.
so viel zeit hatte ich mein ganzes kinderleben nicht mit ihnen.
nun, ich bin ja auch mit 13 schon ausgezogen....
wer hat schon solch glück?
daß am ende des lebens die liebe kommt und gepflegt wird?
wir haben uns vorbehaltlos vergeben, alles und jeder jedem.
ich denke, das ist es.

so. genug gesessen, jetzt werden die wände im bad gewaschen.
der staub muß runter, es wird renoviert.

myself in many words

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Mittwoch, 24. Juli 2019
zwei nach zwölf.
ich muß mir das von der seele schreiben.
wie letztes jahr, im sommer, rutsche ich sonst in eine depression.

den balkonboden voller toter bienen, hummeln, verzweifeltes wässern des grün
vor der haustür, der himmel laut und voll mit fliegern, die straßen nicht wie sonst
in den ferien leer - sondern voller autos .... obst, gemüse aus sonstwo, nur nicht von hier,
plastik plastik plastik und man entkommt ihm nicht, niemals und nirgends.
die pole schmelzen, die eisbären verhungern, hier sterben 10 000e (!) fische, wegen
der erhitzung der gewässer ....
die bäume bekommen dürreschäden und viele werden die kommenden stürme nicht
überstehen. dabei sind es sie, die uns noch kühle geben.
wir haben den kreislauf zerstört und es kommt eine katastrophe auf uns zu, die nicht
reparabel sein wird.
ja klar hatte ich viel über leben und sterben nachgedacht - kein wunder ....
aber das ist etwas anderes.
mir selber gefällt es sehr, daß ich überhaupt so alt geworden bin.
aber bitte:
all die kinder, all die tiere, all die pflanzengemeinschaften.
was wird ihnen bleiben?
wovon werden sie leben und -
wie?
ich fühle mich ohnmächtig wie niemals sonst.
hilflos.
die verantwortung, die ich genau wie jeder trage, für die zukünftige generation,
die ist fast untragbar für mich.
sie wiegt so schwer.
ich tu was ich tun kann, ich vermeide was ich vermeiden kann.
aber das gefühl ist -
es ist zu wenig.
es ist nichts.
wir müssten alle wirklich sehr sehr viel tun.

mandelkern

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Dienstag, 16. Juli 2019
R.I.P
eben erreicht mich die nachricht daß
 
 
richard gleim, ar/gee gleim
 
 
in der vergangenen nacht gestorben ist.
einer der bedeutendsten fotographen, ein künstler, ein archivar der vergänglichkeiten.
ich habe ihn kennengelernt und bis auf seine abscheu vor berlin (er war düsseldorfer mit leib und seele), war es gut mit uns.
er wird fehlen, sein "blick" wird fehlen.
eines der schönsten fotos von mir stammt von ihm:
 
 
 
foto ar/gee gleim / rastplatz düsseldorf / 1980

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Montag, 15. Juli 2019
ich bin gespannt
mein haus fängt an sich aufzulösen.
also nicht mein eigenes körperliches, obwohl sich das hemmungslos weiter
dem altern hingibt.
nein, ein oberlicht (ich wohne unter dem dach) hat beim öffnen das
mauerwerk mit nach unten gezogen.
die ziegelsteine sind zerborsten, risse laufen von 7m deckenhöhe bis zum boden.
wir sind von aussen gedämmt und der flur kann auch nicht atmen.
seit einger zeit riecht es im hausflur mehr nach keller, als im keller.
feucht und moderig.
komisch ist, daß ich es gelassen nehme;
fällt es zusammen, falle ich eben mit.
der traue ich sehr, der gelassenheit.
seit vielen tagen sitze ich in freien minuten am bildschirm und lösche.
nachdem ich analoges bildmaterial schon entsorgt hatte und kaum noch fotos besitze,
sind nun 1000e digitale bilder an der reihe.
das meiste aus den nachlässen meiner jungs.
bruderherz war sehr fotogen und von ihm gibt es enorm viele bilder, o. war geizig
und aus den letzten jahren habe ich nur ein paar beinfotos von uns.
ja, beine und füße.
warum weiß ich nicht.
o. hatte gestern geburtstag, den ersten nach seinem tod.
und ich weinte und ich löschte und bin danach ganz ruhig ins bett gegangen.
was soll ich auch mit seinen schönen beinen, wenn seine stimme mich so oft
besucht.
das ist viel inniger.
von hagen, von axl, von holger und von zzup suche ich genauestens aus, die
nächsten tage werde ich das alles ausdrucken.
bei mike, also bruderherz, ist das schwieriger.
er hat in bestimmten lebensabschnitten ganze serien machen lassen, zum beispiel
eine als panzerknacker verkleidet.
allein das sind an die 100 fotos.
beim anschauen muß ich öfter aufstehen und weggehen, irgendwo anders
die gelassenheit suchen.
finde ich sie, mache ich weiter; aussuchen und den rest löschen.
diese auswahl werde ich auch ausdrucken und seiner ma und seinen schwestern schicken.
neulich hatte ich ja schon nippes, briefe, andenken und all solchen kram weggeschmissen.
säckeweise, kistenweise.
vielleicht ist meine wohnung nun leicht und wird schweben, sollte mehr mauerwerk
nachgeben.

momente

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Sonntag, 23. Juni 2019
was 'ne woche....
wie nahe sich leben und sterben doch sind.

einige tage lang hatten wir freunde für ein kleines neues leben mitgezittert,
es wollte viel viel früher raus aus dem mutterleib.
es hat es geschafft und ich hab mich auf den ersten blick verliebt.

an dem tag, als es die blase sprengte, kam pa in die klinik.
an dem tag, als er sich wieder entließ,
verließ auch das kleine seine brutstätte.

beide leben.

in diesen tagen kam lady h. die ich betreut hatte, in eine demenz-wg und
wird dort bleiben.
hört sich einfach an, war aber anstrengend.
auch hatte ein freund am freitag uniprüfung und ich gab per telefon "geburtshilfe", da er völlig
überfordert nicht mehr geradeaus schauen konnte.
pa kann auch fast nichts mehr sehen.
das heißt, ich werde mir nun vieles überlegen und für ihn und ma organisieren müssen.

gestern schlief ich 4 stunden am stück.
mal.

momente

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Samstag, 15. Juni 2019
schongang, ohne schleudern. (eigentlich)
eigentlich wollte ich heute früh zur neueröffneten französichen bäckerei laufen.
kleine eclair zum frühstück...hmmmm
oder der blechkuchen, der hält sich auch bis morgen frisch.
dann fiel mein blick auf den küchenwecker.
die datumsanzeige blinkte.
15.06.
23 jahre und ich bin einerseits erschrocken, andererseits hätte ich es fast vergessen.
um fast genau diese zeit fuhr ich los, in meine dunkelsten stunden.
in eine anderes leben, wobei die ersten 7,5 jahre reines überleben waren.
nein, ich mag kein französisches wort heute hören oder sehen.
eigentlich habe ich frieden in mir, nur dieser eine tag ist einer ohne haut.

vor zwei wochen bekam ich hohes fieber und stieg auf die leiter.
eigentlich wollte ich nur-mal-gucken.
daraus entwickelte sich eine orgie;
durch meine hände glitten fotos, briefe, tagebücher und nippes
in viele müllbeutel hinein.
jetzt besitze ich nur noch 2 fotoalben, eines von meiner omi, aus dem jahr 1929
eines mit den von mir geduldeten erinnerungen an mein leben.
nippes....alles weg....auch der ersatzschlüssel von dem golf europe,
der mir heute vor 23 jahren das leben rettete.
noch vor wenig zeit hätte ich nicht gedacht, daß ich auch den mit wonne in die tonne
werfen kann.
vielleicht geht es mir deshalb heute so, so empfindlich und traurig.
aber eigentlich bin ich sehr zufrieden.
gehe ich, muß niemand sich durch berge wühlen, aussortieren und schmerzerfüllt kram
entsorgen.
ich habe das ja in den letzten jahren einige male tun müssen.
sowieso, ich bin ja die letzte in meiner familie, väterlicherseits;
aber mütterlicherseits gab es niemals irgendeinen kontakt mit denen die da noch sind.

eigentlich hatte ich ein volles programm für heute,
aber die alten brüche und narben schmerzen.
(dieses körpergedächtnis ist ein schuft)
so verbleibe ich ruhig und warte auf das gewitter.
darüber freue ich mich, einen blauen himmel mit wattewölkchen hätte ich verflucht.
dieser tag bleibt ein zäsur und ist zum glück ein bißchen anders.
jedenfalls da draussen.

mandelkern

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Freitag, 17. Mai 2019
es begann am frühen dienstagabend.
der weg zu den "marktschwärmern" ging durch den alten kiez in schöneberg.
da lebte ich seit den 80er jahren, war aber weit vorher in dortigen lokalitäten
unterwegs gewesen.
ich kam nicht vorwärts und erkannte wenig wieder.
die touristen liefen mehrreihig auf dem schmalen bügersteig, blieben oft
unvermittelt stehen. sie hatten die qual sich aus dem unendlich wirkenden
angebot von bars, imbissen, schokiläden, falaffelbuden, asiatischen restaurants, indischen restaurants, italenischen restaurants, ...., schmuckläden und
modegeschäften, etwas herauszusuchen.
alles was ich kannte gab es nicht mehr, sogar der müde dharma-buchladen war geschlossen.
einen bekannten blumenladen fand ich, ging hinein und ging wieder hinaus.
eine einzelne christrose ab fünf euro.
als normale haushaltseinkäuferin war ich sehr fehl am platz.

an der ehemaligen lieblingskreuzung akazien-/grunewaldt-/goltzstraße
musste ich tief durchatmen.
mein altes haus leuchtete rot, im hausflur hingen kronleuchter.
ich war dort lange hausmeisterin gewesen.
am klingelbrett standen noch 2 mir bekannte mieter. immerhin.
ausser dem copyshop ecke grunewaldtstraße gab es nur noch den teeladen in der
goltzstraße. ach, und die fachhochschule für erzieher, die war auch weiter in betrieb.
sonst nichts mehr, alles war mir fremd.
vor dem roten haus stand ich und rauchte eine, drehte mich mal zum copyshop und
dachte an o., dann erinnerte ich mich an a., mit dem ich viele jahre hier lebte.
ein halber dreher und ich schaute auf die fenster von bruderherzens wohnung,
genau gegenüber.
mit ihm hätte ich wunderbar tratschen können, über die großen veränderungen hier.

die akzien-, grunewaldt- und goltzstraße sind eine freßmeile geworden.
und trinkhalle ohne dach.
und ankleidekabine ohne diskretion.
die anwohner (ich sah etliche aus den großen toreinfahrten herauskommen,
da ich nur langsam voran kam) sprachen definitiv kein berlinerisch und fuhren mit
ihren rädern, meist mit überdachtem kinderliegeanhänger daran, seelenruhig auf dem
bevölkerten bürgersteig.
und das, obwohl die straßen alle asphaltiert sind, auch angenehm autoleer.
sie klingeln gerne, damit man platz macht. irgendwann ging ich dann auf der fahrbahn
und war sehr müde, als ich in der barbarossastraße ankam.
im kopf ging ich den stadtplan durch, suchte mir für den nächsten verkauf eine
ganz andere anfahrt aus.

mir ist klar, daß sich alles stetig verändert und mir ist auch bewußt, daß ich als autistin
veränderungen nicht gut vertrage.
doch diese konzentration von teurem konsum auf insgesamt ca. 2km länge macht mich traurig.
das erinnert mich an die oranienstraße in kreuzberg, dort aber halten doch noch
einige alteingessene tapfer durch.
ja sicher war ich auch traurig wegen der verknüpfungen mit geliebten menschen. dort.
die nicht mehr bei mir sind.
abends lag ich lange wach und dachte an meine omi.
wie sie sich, in ihren 90er lebensjahren, aus allem langsam zurück zog.
ich habe das gefühl, mir geht es jetzt auch so.

in berlin

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Samstag, 27. April 2019
mein ziel, an einem ganz normalen tag.
vor mir läuft ein schmaler, grauhaariger,
sein nacken steigt sehnig aus dem hemd und ich möchte ihn umarmen
und in bruderherz verwandeln
inmitten der masse laufe ich ihm hinterher
trauer haut mir
eine rechts eine links
die masse schiebt mich weiter.
endstation, ich entkomme ihr.
mein mobil klingelt, ich gehe nicht ran. es könnte o. sein, ich habe seine stimme im ohr.
aber er ist tot.
er kann es nicht sein.
also gehe ich nicht ran.
zuhause liegt vor der wohnungstür das osterrätsel der zeitung, arg verspätet.
sie ist ziemlich dement geworden, mein nachbarin.
das rätsel schiebe ich unter's kleine katzenklo, falls er wieder daneben pinkelt.
ohne zzup löse ich keines mehr.
ich schaue auf sein foto, er steht an einem bootssteg und lacht.
daneben hängt o., auf einem bootssteg, er lacht nicht.
umgedreht schaut mich axl an. sehr ernst.
ich drehe und drehe mich
möchte hinaus.
noch kurz bevor diese woge verebbt denke ich an die liebe.
ich kann nicht anders
weglaufen, wegdenken, wegfühlen geht nicht.
was für ein glückspilz ich bin.
ich habe geliebt und tu es noch;
ohne wenn ohne aber ohne trotzdem.
und will stürzen, fallen in das in dem sie alle sind:

und dann werde ich mir sagen können
daß ich alles verlebt habe
ohne zu hassen
ohne zu verbittern
ohne hart zu sein und zu brechen
nicht mich niemand anderen
nur
liebe.

wenn mein leben mich wieder auf den bauch geworfen und
über den asphalt ziehen will,
laufe ich eben auf dem kopfsteinpflaster weiter.

mandelkern

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Dienstag, 19. März 2019
gestern habe ich gelogen
und es fiel mir sehr leicht.
ich kann perfekt lügen, muß es dann aber sofort sagen.
das ist meine veranlagung.
nu, jedenfalls mußte ich einen digitalen radiokabelreceiver besorgen,
da hier bald alles abgestellt wird was nicht digital sondern analog ist.
nach der arbeit bin ich zielstrebig in einen technikmarkt, griff mir
meinen lieblingsverkäufer, schwatzte eine weile mit ihm und er riet mir
zu etwas, was ich vorher auch recherchiert hatte.
auf ihn kann ich mich immer verlassen.
da er mich zum ersten mal umarmte, ich mir das gerne gefallen ließ und
zurück umarmte ging ich wohl ziemlich strahlend durch die gänge,
richtung kassen.
ein mensch fischte meinen blick und fragte was, ich verstand nicht, fragte
was er fragte. obwohl ich erkennbar nicht zum verkaufspersonal gehörte.
wir standen bei den saftpressen und ich konnte nicht umhin ihm zu einer
analogen zu raten. wieviele orangen er denn pro tag ausdrücken müsse?
vier.
hm, dazu braucht es keinen strom. meiner meinung nach.
da er immer verzweifelter schaute unterbrach ich meinen energiesparvortrag
und ließ ihn zu wort kommen.
er wolle mit mir einen kaffee trinken.
a-ha.
ein mann, nicht leicht bestimmbar in welchem alter, aber einiges jünger als ich.
sehr gutaussehend, fein und individuell gekleidet.
lächelnd?
(letzteres kann ich bei fremden nicht von zähneblecken unterscheiden.)
ich sagte ich wäre eine alte frau und log in seine erwiderung hinein, daß ich 68 jahre alt sei.
(sogar ich konnte beim wegdrehen und gehen erkennen, daß er schockiert war.)
im grunde rannte ich fort, um zu verhindern diese lüge aufklären zu müssen.
gut, meine haare locken sich inzwischen den rücken hinunter, aber sie sind weiß!
mein gesicht ist voller furchen, falten und knitter.
kreuz und auch quer.
an der kasse fragte ich mich, was zum henker wollte der von mir?
mit guter laune fuhr ich nachhause, nicht weil ich so etwas als kompliment oder
ähnliches empfinde.
nein, ich hatte gelogen und es blieb dabei.
seit ich nichts mehr vom anderen geschlecht will, egal in welcher beziehung, musste ich,
höflich wie ich bin, mich einiger agressionen bei einem klarem "nein." erwehren.
da war dann hinterher nix mit guter laune.

zuhause fiel die laune doch in sich zusammen.
r. ist gestorben.
sanft, friedlich, nicht alleine.
sie wurde (fast) 98 jahre.
kennengelernt hatte ich sie ende 70er jahre, intensiven kontakt hatten wir seit dem letztem
jahr.
ein kämpferin, eine tänzerin, eine politikerin, eine kreative, eine bewußt-lebende, eine mutter.
eine starke und tolle frau.
früher hatte ich so großen respekt vor ihr, daß es an angst erinnerte; die zeit der letzten
monate war jedoch innig und mit zartem gefüllt.
von uns beiden.
dankbar bin ich dafür und froh um ihr ruhiges sterben.

funkel

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Letzte Aktualisierung: 2024.07.27, 13:34
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trauer
das finale bild und gefühl zu meinem vater ist...
by ach annemarie (2024.07.24, 19:03)
herzlichen dank. in all...
herzlichen dank. in all dem streß wegen meines...
by ach annemarie (2024.06.16, 09:48)
danke sid. ich brauche...
danke sid. ich brauche noch einige zeit....
by ach annemarie (2024.06.16, 09:43)
vielen dank.
vielen dank.
by ach annemarie (2024.06.16, 09:42)

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